Übernahme der zusätzlichen IR-Züge St. Gallen – Chur durch die Südostbahn

Die Kooperationspartner SBB und SOB haben beschlossen, im Fernverkehr eine weitere Strecke gemeinsam zu produzieren. Dies betrifft die ab Ende 2024 für den Halbstundentakt zusätzlich verkehrenden IR St. Gallen – Chur. Konkret soll die SOB die Teilstrecke im Rheintal zwischen St.Gallen und Chur betreiben, während die SBB den IR13 Zürich HB – St. Gallen – Sargans weiterhin produziert. Die Verkürzung dieser Strecke stellt für das Lokpersonal der SBB in der Region Südostschweiz einen weiteren Leistungsabbau dar. Die Region Wil SG / Fürstenland verliert zudem den direkten Anschluss an die Freizeitregion Graubünden.

Einzelne Züge des IR35 Zürich – Pfäffikon SZ – Chur sollen dahingegen wieder vermehrt mit Doppelstockzügen der SBB durch Personal der SBB geführt werden. Dies wirft ein kritisches Licht auf das als erfolgreich eingeordnete Kooperationsmodell. Offenbar sah sich die SOB nicht im Stande, mit einstöckigem Rollmaterial die notwendigen Kapazitäten bereitzustellen.

Der zunehmende Einsatz von ähnlichem, sich aber dennoch spezifisch stark unterscheidendem Rollmaterial, insbesondere für einzelne Hauptverkehrszüge, zeigt die Komplexität der Eisenbahn. Der Einsatz von Triebzügen mit fixen Gefässgrössen und mangelnder Möglichkeit für Mischtraktionen führt zu unflexiblen und nicht bedarfsorientierten Fahrzeugeinsätzen. Dies ergibt eine tiefere Produktivität als erhofft. Aktuell zeigt sich die SBB noch gerne zur Übernahme dieser unnötigen zusätzlichen Kosten bereit.

In der Planung wird das Lokpersonal bei einzelnen Linien strikt nach Fahrzeugumläufen eingesetzt, auf anderen ist eine Durchmischung problemlos möglich. Wenn das Lokpersonal Strecken- und Fahrzeugkundig ist, gibt es keine logische Begründung gewisse Leistungen prinzipiell nicht bedienen zu können. Beispielsweise wird der IR35 Bern – Zürich – Chur zwischen Bern und Zürich nur durch SBB-Personal gefahren, zwischen Zürich und Chur strikt durch SOB-Personal. Dasselbe erkennt man auf den IR26/46, wo das SBB-Personal nur die Züge südlich von Erstfeld bedienen darf. Die Fähigkeiten für die Bedienung über die Gesamtstrecke wäre grösstenteils aber vorhanden.

Solange es sich die Bahnunternehmungen leisten können, unproduktive Dienste des Personals, zusätzliche Leer- und Taxifahrten, aufwändige Verstärkungs-/Schwächungsleistungen und Über-/Unterkapazitäten zu planen, scheint weder finanzieller Druck noch Leistungsdruck zur Anpassung der Geschäftsmodelle vorhanden zu sein.

Mit Wettbewerb und Flexibilität haben solche Planungsgrundsätze nichts mehr gemein. Zumal der Verkehr der Bahnen grundsätzlich von der öffentlichen Hand finanziert wird. Dass das BAV solche unproduktiven Modelle zulässt und nicht auf eine offensichtliche Effizienzsteigerung drängt, ist schwer nachvollziehbar.

Auch der Betrieb mehrerer Personal-Standorte an demselben Bahnhof unnötig und teuer, reduziert die Flexibilität in der Personalplanung und die Stabilität für die Einsätze. Nicht zuletzt würde ein gemischter Personaleinsatz die Attraktivität der einzelnen Rayons für die zukünftig zu gewinnenden Lokführer deutlich erhöhen.

Wir verlangen erneut einen unabhängig der Fahrzeugeinsätze und Farbgebung des Rollmaterials gemischten Personaleinsatz. Auch bei anderen Normalspurbahnen.

VSLF, Nr. 753, 11. Februar 2023 NB/BG