Zuteilung von Arbeiten für das Lokpersonal

Der VSLF konstatiert, dass bei den Bahnen im Personen- und Güterverkehr ein massiver Druck auf die Zuteilung der Arbeit für das systemrelevante Personal, und somit das Lokpersonal, festzustellen ist.

Trotz zunehmender Digitalisierung werden aufgrund kurzfristiger Verkehre, Fahrzeugmangel, fehlender Lok- und Streckenkundigkeiten des Lokpersonals, mangelhafter Instruktion von Einteilungs-Personal und vermehrter Baustellen-Tätigkeiten laufend die zugeteilte Arbeit und somit die Arbeitszeiten angepasst.

Kurzfristige Änderungen der Arbeitszeit von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden, die entweder einige Tage vorher oder nur wenige Stunden vor dem Dienst angeordnet werden, stellen einen Eingriff in die Freizeit dar. Teilweise wird wohl beim Personal das Einverständnis erfragt, oftmals jedoch nur darüber informiert. Ein Ablehnen von Zeitverschiebungen mit dem Wissen, dass dadurch eine Zugsleistung ausfällt, stellt jedes Mal eine Loyalitätsfrage gegenüber dem Arbeitgeber oder unseren Kunden.

Dieser Druck bedeutet eine grosse psychische Belastung für die im unregelmässigen Dienst arbeitenden Angestellten.

Durch fehlende Vorgaben für Avisierungsfristen im AZG und den Vorschriften bezüglich Arbeitszeit und Pausen bestimmen die Arbeitgeber verstärkt über permanent ändernde Arbeitszeiten und somit auch über die Freizeit des Personals. Das laufende Erbringen zusätzlicher Einsatzzeiten bzw. kurzfristigen Dienständerungen erachten die Bahnen zusehends als Selbstverständlichkeit.

Ohne klare Regelungen kann mit dem Argument der betrieblichen Notwendigkeit vieles verordnet werden. Folglich ist auch niemand direkt verantwortlich für die laufenden Mehrbelastungen des Personals. Da diese dauernde Einsatzbereitschaft dem Aufrechthalten des Betriebes dient, ist von den Führungskräften kein Gegensteuer zu erwarten. Zumal es die persönlichen Zielvorgaben des Kaders gefährden könnten.
Faktisch hat der Arbeitgeber beim systemrelevanten Personal die Zeitautonomie gegenüber dem Arbeitnehmer eingeführt. Bei Angestellten wird die in der Regel umgekehrt gehandhabt.

Neben dem permanenten Ändern von Arbeitszeiten stellt die Bereitschaft des Lokpersonals zusätzliche Einsätze an den Freitagen zu leisten, ohne diese der Betrieb stellenweise längst eingeschränkt werden müsste, eine zusätzliche enorme Belastung im unregelmässigen Dienst dar.

Durch den LPV wurde eine Resolution lanciert und Lösungen für diese Problematik verlangt. Auch der VSLF hält fest, dass die Kollegen von der Planung, der Einteilung und der Disposition einzig nach den vorgegebenen Prozessen arbeiten und nicht die eigentlichen Verursacher des Problems sind.

Wir erwarten eine deutliche Entlastung des betroffenen Personals. Das bedeutet eine Arbeitszuteilungen, welche es erlauben, die Freizeit wieder um die Arbeitszeit herum zu planen. Freizeit heisst Familie, Freunde, Gesundheit, Erholung und Schlaf; und nicht Bereitschaftszeit für den Arbeitgeber.

Gerade im Hinblick auf neu zu rekrutierende Eisenbahner-Generationen und dem Wunsch nach flexiblen Arbeitsmodellen, muss von den zuständigen Stellen schnell und konsequent Gegensteuer gegeben werden. Ansonsten wird die Fluktuation die aktuellen Anstrengungen wieder neutralisieren und die Abwärtsspirale wird sicher weiter drehen.

Wir müssen unsere Kolleginnen und Kollegen aufrufen, die Prioritäten richtig zu setzten bezüglich der mentalen und physischen Erholung.
Der Dienst ist zur Sicherheit im Bahnverkehr erholt und in top Verfassung anzutreten. Das sind wir unseren Kunden und unseren Arbeitgebern schuldig.

VSLF Nr. 696, 4. Oktober 2021, HG/ Vorstand VSLF