Zum Jahresabschluss

Ein wiederum nicht normales Jahr geht zu Ende. Viele scheinen erschöpft und angespannt. Bei den Eisenbahnern sind es nicht nur der Virus und seine Folgen, sondern auch offensichtliche Auswirkungen der allgemeinen Zustände.

Klare und praxisorientierte Vorgaben wurden durch Apps abgelöst. Die Arbeitszeiten und Arbeitsinhalte werden irgendwann bekanntgegeben und laufend geändert. Dass nicht einmal die Bekanntgabefristen nach der Verordnung des Arbeitszeitgesetztes der Schweizerischen Eidgenossenschaft und weitere Regelungen eingehalten werden, spricht Bände. Wir haben diesbezüglich die SBB und SBB Cargo mit unmissverständlichen Schreiben auf diese Missstände hingewiesen. Die Hoffnung beginnt die Zuversicht abzulösen.

Es geht dabei nicht nur darum, geltendes Recht einzuhalten, sondern auch ein Minimum an Anstand gegenüber dem unregelmässig arbeitenden Personal. So sichert sich die SBB mit einer Anordnung zur ständigen Konsultation des Briefingtools juristisch ab, indem sie ihre Verantwortung einfach auf das ausführende Personal überträgt.

So hört man zum Beispiel aus kurzen Gesprächen mit den Fahrdienstleitern viel heraus und erahnt denselben Gemütszustand in den Bildschirmhochburgen. Auch sie arbeiten vermehrt nach Prozessen, welche nicht das PDF wert sind, auf dem sie versendet werden. Binäre Prozesse beschneiden oft die Kompetenzen, anstatt sie zu unterstützen. Die daraus resultierende Hilflosigkeit ist Gift für die Motivation.

Weshalb die Pünktlichkeit bei den Bahnen trotz kleinerer Auslastung der Züge abnimmt und der Ärger der Kunden zunimmt, ist für viele Verantwortliche schwer nachvollziehbar. Falls wir das wirklich ändern möchten, müssten wir das Potential besser nutzen, und die prozessorientierten, «messbaren» Scheinlösungen ersetzen durch kompetenzorientierte Zusammenarbeit.

Nach wie vor versuchen wir als Personalverband von Eisenbahnern konstruktiv und kritisch Gegensteuer zu geben, aber auch wir fragen uns langsam immer öfter, warum eigentlich.

Möglicherweise liegen wir mit unserer Einschätzung der Lage an der Basis auch daneben. Wie in den Personalzufriedenheitsumfragen erkennbar ist, scheint alles in bester Ordnung. Demzufolge könnte der Mangel an Stabilität im Betrieb wirklich nur noch der Entwicklung bei Technik und Prozessen geschuldet sein.

Um so wichtiger ist es, den Humor zu behalten, sich untereinander ein gutes Wort zu geben und die vielen kleinen Freuden bei der Arbeit zu bewahren und zu schätzen. Und bei leeren Batterien unbedingt daran denken, sich auszuruhen, bis man wieder einsatzfähig ist.

Neuer Lohnaufstieg Lokpersonal Kat. B bei SBB und SBB Cargo

Ein wichtiger und weitreichender Entscheid in diesem Jahr war die Vereinbarung eines festen Lohnaufstiegs vom Minimum zum Maximum des Lohnbandes innert 10 Jahren ab 2023. Dies wurde ermöglicht durch die Marktsituation mit fehlenden Lokführern, durch unsere Arbeit als Berufsverband und mit dem Finger auf dem richtigen Punkt.

Es scheint zwar ein Riesenschritt für das Lokpersonal und doch ist es einzig der Lohnaufstieg, welchen wir bereits vor 20 Jahren hatten. Also eine Rückkehr zu einer anständigen und abbildbaren Lohnentwicklung.

Die 20 Jahre dazwischen, mit Anstellungen unter Lohnband, schlechten Lohnrunden, einer Vision 2010 nur für das Lokpersonal, welche sich über 4 Lohnbänder erstreckte, lassen viele Kollegen als Verlierer dastehen im Hinblick auf die Verbesserung.

SBB Tochterfirmen

Bei den SBB Töchtern sehen wir noch viel Arbeit vor uns. Stichworte sind jahrelange maximale Rückzahlungsverpflichtungen, obligatorische Uniformen, Aufhol-Pendenzen bei den Lohnaufstiegen und Lohn-Ungerechtigkeiten.

Zum Teil ist auch der Stil der Sozialpartnerschaft unfruchtbar, da oftmals vollendete Tatsachen geschaffen werden und nach dem System "Friss oder Stirb" gearbeitet wird. Das löst Gegenreaktionen aus und verdirbt die vertrauensvolle Sozialpartnerschaft. Wenn wir nur als reine Abnicker-Organisation gesehen werden, nimmt man uns und das durch uns vertretene Personal nicht ernst. Auch belastet es die Zusammenarbeit in den Verhandlungsgemeinschaften und das nicht zum Gewinn der Unternehmungen.

GAV Verhandlung SBB Cargo International

Seit bald einem Jahr verhandeln wir über einen neuen GAV. Wie üblich wird während den aktuellen Gesprächen nicht kommuniziert. Trotzdem stören laufende Informationen hüben wie drüben die Verhandlungen und führen zu noch tieferen Gräben, aus denen nichts neues entstehen kann.

Wir haben früh unsere "No-Go's" bekannt gegeben, auch um nicht nachträglich intervenieren zu müssen. Diese von uns gesetzten Punkte sind aus unserer Sicht Mindeststandards bei den Verhandlungen und absolut begründbar. Aktuell ist vorgesehen, das Verhandlungsresultat im ersten Quartal 2022 in die Gremien zu geben.

An dieser Stelle ein Dank an das neue Vorstandsmitglied Roberto Jäggi, der direkt ins kalte Wasser geworfen wurde und die Verhandlungen für den VSLF leitete.

Hier noch der Hinweis, dass der Transitverkehr im Jahr 2021 erfreulich gut lief.

BLS

Der Lokführermangel beschäftigte auch die BLS das ganze Jahr. Nur durch zahlreiche zusätzliche Arbeitstage konnten alle Züge gefahren und die vielen Baustellen auf dem Netz bewältigt werden. Im Jahr 2022 soll ein ausgeglichener Lokführerbestand vorliegen und ein Teil der Mehrzeiten sollten abgebaut werden können. Jedoch ist schon jetzt bekannt, dass an einzelnen Standorten im neuen Jahr ein Unterbestand herrschen wird. Ob durch den geplanten Personalbestand und die notwendigen Instruktionstag viele zusätzliche Rasttage bezogen werden können, bleibt offen.

Nach vielen Jahren findet im nächsten Jahr wieder ein eingeteilter Instruktionstag statt. P-Verkehr ein einem Tag und gemischt P/G und G-Verkehr an zwei Tagen. Wir sind erfreut über diesen Entscheid und weisen darauf hin, dass dies ein grosses Bedürfnis und eine Basis für die jährliche Bildung des Lokpersonals darstellt.

Erfreulich ist auch, dass in diesem Jahr die Klassenbesuche durch die Sozialpartner wieder vor Ort durchgeführt werden konnten. Wir durften sehr viele neue Kolleginnen und Kollegen im VSLF willkommen heissen.

Im September nahm Daniel Schafer als neuer CEO der BLS seine Arbeit auf und stellte sich in einem Video den Mitarbeitern vor. Wir als wichtiger Sozialpartner bei der BLS freuen uns darauf, ihn im neuen Jahr offiziell kennen lernen zu können.

Sektionsversammlungen

Die Sektionsversammlungen waren in diesem Herbst nicht übermässig gut besucht gewesen. Dies ist vielleicht auch der Corona Pandemie geschuldet.

In der Sektion Bern wurde mit David Anliker ein junger und motivierter Sektionspräsident gewählt. Herzliche Gratulation und viel Erfolg. Verschiedene Personen wurden in den Sektionsvorständen neu besetzt und die Delegierten bestätigt. Ein Dankeschön an allen austretenden Funktionären für ihre geleistete Arbeit.

Die Sektionen sind aufgeräumt, funktionieren gut und die Finanzen sind erfreulich.

Vorstand VSLF

Mit den Wahlen an den Generalversammlungen 2019 und 2020, welche infolge Corona durch die Delegierten erfolgten, haben wir vier neue Vorstandsmitglieder und mit ihnen eine deutliche Verjüngung des Vorstands. Zusätzlich konnten wir für die neue Funktion Stellvertreter Kassier Claudio Vanoli gewinnen; er unterstützt den Kassier und die Mutationsstelle und sorgt für die wichtige Redundanz in diesen Funktionen.

Die Generalversammlung des VSLF am 19. März 2022 in Mendrisio im Tessin ist eine gute Gelegenheit, den neuen Vorstand persönlich kennenzulernen. Die Fahrzeit von Luzern nach Mendrisio beträgt exakt 2 Stunden.

Wir wünschen allen schöne Festtage, ein paar ruhige Momente und einen guten Rutsch in’s 2022.

VSLF Nr. 705, 22. Dezember 2021, HG