Blog: Neues Einsatzkonzept bei SBB PP-BP-ZFR
Eure Meinung ist gefragt!
Anzahl Beiträge: 35 / Letzter Beitrag 22.10.2025
Nr. 1 / 7.10.2025
Liebe Kolleginnen und Kollegen
wie ihr mich kennt, ist mir eine klare, transparente und ehrliche Kommunikation wichtig. Deshalb möchte ich euch die aktuelle Situation schildern und euch die entsprechenden Informationen mitgeben.
Mit dem Einsatzkonzept ZFR 2.0 erfolgt die gesamte Tourenplanung nun vollständig über den Computer – mit dem System Phoenix. Dabei wurden Produktivität, Einsparungen und klare Strukturen konsequent umgesetzt. Aus Sicht des Unternehmens mag das nachvollziehbar sein, für uns in der Praxis ergeben sich jedoch gravierende Probleme: Arbeitsunterbrüche zwischen zwei vollen Leistungen von jeweils 4½ Stunden sind zu kurz. Nach 4½ Stunden denselben Umlauf nochmals fahren. Kaum noch Abwechslung, obwohl wir für viele Strecken und Fahrzeuge ausgebildet sind.
Konkret bedeutet das für unser Depot Ziegelbrücke:
- Künftig rund 90 % fast nur noch Leistungen S25 / S2 / S8 / S16.
- Komplett gestrichen: Luzern inkl. Lok 460, Stadtbahn Zug & FLIRT
- Nur noch vereinzelt sehr selten: S3 / S7 / S15, Rest gestrichen
- Neue Touren wie Ziegelbrücke – Flughafen – Herrliberg – zurück, mit nur kurzem Arbeitsunterbruch, danach exakt dieselbe Leistung nochmals.
Erschwerend kommt hinzu, dass uns die Jahresplanung die neuen Touren erst sehr spät bereitgestellt hat – ich selbst habe die Pläne erst gestern gesehen. Damit war es faktisch unmöglich, rechtzeitig zu reagieren oder Anpassungen vorzunehmen. Zusätzlich akzeptiert das Unternehmen nur noch Änderungen, die einen klaren Mehrwert im Sinne von Produktivität bringen. Ein einfaches Abtauschen von Leistungen ist praktisch ausgeschlossen, da dies fast immer mit einem Fahrzeugwechsel und somit mit zusätzlicher Wartezeit verbunden wäre. Auch dadurch sind Anpassungen im Alltag faktisch unmöglich geworden.
Das Problem sehen viele, auch Einteiler und Planer. Sie sind ebenfalls der Meinung, dass die aktuelle Planung in dieser Form nicht sinnvoll ist. Sie sind mit der Situation nicht glücklich, mussten jedoch genau das umsetzen, was das Programm vorgegeben hat.
Dieses Vorgehen betrifft nicht nur uns in Ziegelbrücke. Im Osten wurden sämtliche Aussendepots zurückgestuft – auf fast nur noch natürliche Leistungen. Betroffen sind somit eigentlich alle Depots ausser Zürich.
Auch das Depot Rapperswil ist stark reduziert. Dort hat Freddy Glättli sein Amt niedergelegt, weil er keinen Sinn mehr darin sieht, in diesem zusammengeschrumpften Depot überhaupt noch Änderungen an den Touren vorzunehmen.
Unter diesen Umständen sehe ich keine Möglichkeit mehr. Die nächste Sitzung wäre nur noch die Absegnung dieses Ergebnisses, ohne jede Verhandlung oder Änderungsmöglichkeit. Es geht dabei lediglich um ein Abnicken – und dazu bin ich nicht bereit, weil nichts mehr geändert werden kann und Änderungen auch nicht erwünscht sind. Daher lege ich mein Amt als APK-Vertreter nieder.
Fazit: Ich empfinde es als tragisch und traurig, dass der Mensch in dieser Planung völlig übergangen wird – einzig im Zeichen einer sehr fragwürdigen Art und Weise des Sparzwangs am falschen Ort. Unter diesen Bedingungen sehe ich keinen Sinn mehr darin, dieses Amt weiter auszuüben. Ich könnte nichts ausrichten und wäre letztlich einzig und allein die Zielscheibe eines frustrierten Depots. Zusätzlich empfinde ich es als Schlag ins Gesicht aller Lokführer, wie hier mit dem Personal umgegangen wird – als wären wir bereits selbst nur noch Roboter, ohne Empathie und ohne Freude an unserem Beruf.
Es war mir wichtig, diesen Schritt offen und sachlich zu erklären.
Vielen Dank für euer Verständnis.
Herzliche Grüsse
Stefan Gall
Lf Ziegelbrücke / APK
Nr. 2 / 7.10.2025
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Wie ihr alle bereits letzte Woche am Infoanlass erfahren habt, gilt ab dem Fahrplanwechsel das Einsatzkonzept ZFR 2.0. Die Auswirkungen des neuen Konzepts auf die Tourenplanung sind für uns Lokführer:innen gravierend.
Dies sind zum Beispiel nur kurze Arbeitsunterbrechungen zwischen zwei vollen Leistungen, kaum Abwechslung innerhalb der Tour und zwischen den verschiedenen Touren. Auch der Verlust von Fahrzeug- und Streckenkundigkeiten und die damit verbundene Montonie in unserem Berufsalltag sind nur wenige Konsequenzen, welche wir als Lokführer:innen werden hinnehmen müssen.
Mir als APK des Depot Rapperswil wurden die Touren ebenfalls erst letzte Woche präsentiert. Somit ist es zum jetzigen Zeitpunkt bereits unmöglich noch Anpassungen vorzunehmen. Zusätzlich ist es nicht mehr möglich die Touren für unser Depot zu verbessern und den mittelfristigen Verlust von Strecken- und Fahrzeugkundigkeiten abzuwenden, falls das Einsatzkonzept ZFR 2.0 zukünftig bestehen bleibt. Unsere Leistungen werden sich hauptsächlich auf die Linien S5, S7, S8 und S15 beschränken und der Fernverkehr wurde ganz gestrichen.
Zudem wurde uns mitgeteilt, dass das Unternehmen nur noch Änderungen an den Touren akzeptiert, die einen klaren Mehrwert in Sinne der Produktivität bringen. Somit sind leider auch mir die Hände gebunden und ich kann nichts gegen die geplanten Änderungen unternehmen.
Unter diesen Umständen kann ich als APK des Depot Rapperswil nicht hinter den neuen Tourenplänen stehen und will und kann diese so nicht abnehmen. Daher habe ich beschlossen meine Tätigkeit als APK-Vertreter per Ende Oktober niederzulegen. Gerne hätte ich mich für unser Depot eingesetzt, um die geplanten Änderungen abzuwenden aber leider bleibt mir dazu jede Möglichkeit verwehrt.
Vielen Dank für euer Verständnis.
Beste Grüsse
Fredi Glättli
Lf Rapperswil / APK
Nr. 3 / 7.10.2025
[Mail an CTF Vidic Srebrenko]
Hallo Sebi
Ich glaube der Schuss ist draussen, es macht keinen Sinn mehr bei Dir im Büro vorbei zu kommen, betreffend neuem Einsatzkonzept. Ich schreibe Dir diese E-Mail im Sinne eines "offenen Briefes" an alle Rapperswiler. Natürlich steht es allen frei es zu lesen, oder zu kübeln.
Du schreibst mir, es wird eine Produktivitätssteigerung von 2.5 % angestrebt, von aktuell 50.0% auf 52.5%. Entschuldige, aber das tönt für mich nach einem schlechten Witz. Erstens ist die Produktivität Auslegungssache, je nach dem, was zur Produktivität gezählt wird und was nicht. Zweitens sind die Lokführer nicht selber Schuld an der angeblich schlechten Produktivität, Drittens sehe ich keinen Produktivitätsgewinn mit dem neuen Einsatzkonzept.
Was aber ganz sicher erreicht wird, sollte es denn dabei bleiben, ist ein unzufriedener, demotivierter Personalkörper. Die Stellenwechsel, Frühpensionierungen, Reduktion von Arbeitspensen usw. werden zunehmen. Einige werden wohl früher oder später den Arbeitgeber wechseln, zu einer anderen Bahn oder in einen anderen Beruf.
Folgendes Zitat steht im ZFR Info, betreffend Einsatzkonzept ZF, angestossen am 31. Juli, als eine Antwort von Domingues Johnny:"...und der zwingenden Notwendigkeit, die Produktivität zu steigern, werden wir die Attraktivität des Berufes sowie die Sicherheit des Bahnbetriebs jederzeit sicherstellen".
Das was jetzt herausgekommen ist, ist blanker Hohn und fühlt sich an, wie ein Faustschlag ins Gesicht!
Die Demissionierung unseres APK die logische Folge davon. Fredi, vielen Dank für Deinen Einsatz, und Kopf hoch!
Die angestrebte Produktivitätssteigerung beim Lokpersonal, ist ja dazu da, dem Betrieb Kosten zu sparen. Wo die wirklichen Kostentreiber sind ist schnell ausgemacht. Man bedenke, dass während Corona rund 17'000 SBB MA im Homeoffice waren. Alle die irgendwo produktiv tätig waren, konnten das nicht.
Hinter jedem Mitarbeiter der produktiv ist, sitzt irgendwo einer, in einem der unzähligen SBB Büros. Das ist meine Schlussfolgerung. Und ich meine, diese Quote ist viel, viel zu hoch.
Ich hatte einst grosse Sympathie und Hoffnungen für Vincent, als er SBB Chef wurde. Er hat einfachere Abläufe und Strukturen angekündigt. Ich muss sagen, er hat mich enttäuscht. Es verstreicht kaum eine Woche, ohne Meldung einer Änderung, Verschiebung, Verlagerung, Zusammenlegung oder was weiss ich, innerhalb des Konzerns. Ich sehe schon lange nicht mehr durch, aber die Strukturen sind nicht einfacher geworden, die Hierarchien nicht flacher.
Ich glaube ich kann von mir sagen, dass ich in der Vergangenheit sehr loyal zur SBB war. Ich habe unzählige RE gebracht, habe privates aufgeschoben oder verschoben. Habe nicht nur einmal, vor allem als unsere Kinder noch kleiner waren, mit meiner Frau die Arbeitsaufteilung abgetauscht, usw. Immer zum Wohl des Betriebes und sowieso zum Wohl der Kunden und Steuerzahler. Ich war auch zwei drei mal zur Arbeit erschienen, bei denen ich im Nachhinein besser krankheitshalber zu Hause geblieben wäre. Ich dachte, mach mal die erste Leistung damit kein Zug ausfällt früh am Morgen, ich habe mich aber immer durchgerungen und schlussendlich die ganze Tour gefahren, um mich dann zu Hause sofort ins Bett zu legen.
Wenn das Einsatzkonzept so durchgezogen wird wie angedacht, werde ich meine Einstellung etwas ändern.
Dann werde ich freundlich aber bestimmt, jede RE Anfrage ablehnen. Das macht aber gar nichts, denn ich habe für die Einteilung ein paar Namen aufgeschrieben, die sie sehr gerne für RE anfragen kann. (Bin mir jetzt aber gar nicht so sicher, ob die alle einen "Lokführerausweis" haben, und sich allenfalls auch mit Schichtarbeit und deren Auswirkungen auskennen...)
Wem ist es nicht schon passiert: Züri HB, Lokführerwechsel, LEA auf Halterung, und schon lädt es neu, obwohl in der Pause schon die gültige Fahrordnung geladen wurde. Es dreht und dreht, manchmal dreht und lädt es auch noch wenn ich schon in der Hardbrücke bin. In Zukunft dreht es bei mir nur im Stillstand, und ich fahre ab, wenn ich mir sämtliche Halteorte mit lauter Stimme gemeldet habe.
Noch krasser, Störung und Wendung des Zuges in Stadelhofen. Ersatzzugnummer wird vom FDL bekannt gegeben, zusammen mit der Frage, wann kannst Du losfahren. Ich kann dann losfahren, wenn ich eine korrekte Fahrordnung habe. Früher ging das meistens flott per E-Mail, heute wird es direkt aufs LEA geladen. Und das kann dauern. Ich war neulich in Dübendorf durch, bis die Fahrordnung aufgeploppt ist. In Zukunft stehe ich wohl etwas länger in Stadelhofen. Nur zwei Beispiele, es gäbe noch etliche mehr.
Sebi, ich nehme an, du kannst selber nichts für dieses fiese Spiel mit dem Lokpersonal, mein Frust richtet sich nicht gegen dich. Ich bitte einfach zur Kenntnis zu nehmen, dass dieser Schuss ev. ganz gehörig nach hinten losgehen kann. Ich weiss dass sehr viele Kolleginnen und Kollegen gleich denken wie ich.
Freundlicher Gruss
Kilian Gübeli
Lf Rapperswil
N.B. Ich schreibe nach neuer Norm nicht immer korrekt, selbstverständlich meine ich immer Frauen und Männer und alle anderen.
Nr. 4 / 8.10.2025
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Das meiste betreffend ZFR Einsatzkonzept 2.0 wurde bereits gesagt und doch will ich als Lokführer von Rapperswil noch zwei, drei Worte dazu verlieren.
Die Idee der linienreinen und vorwiegend aus natürlichen Leistungen bestehenden Touren ist nicht neu. Bereits vor ca. 15 Jahren wollte man dementsprechend Touren gestalten. In einer Schattenplanung wurden solche Touren erstellt und mit den «normalen» Touren verglichen. Man stellte fest, dass vor allem kleine Aussendepots noch produktiver eingeteilt werden können, dementsprechend bleiben aber viele kleine Tourenstücke in grossen Depots wie Zürich hängen und generieren viele unproduktive, kurze Dienste. Aufgrund der sehr geringen Produktivitätssteigerung im Verhältnis zum Attraktivitätsverlust in den Aussendepots und der Gefahr der Fluktuation aus eben diesen, sah man damals davon ab.
Trotzdem nahm und nimmt man den Aussendepots aus unerklärlichen Gründen weiterhin Kundigkeiten weg. Dies äussert sich dann negativ in der Rekrutierung von Personal. Genau aus diesem Grund haben wir in Rapperswil und auch Ziegelbrücke den (hausgemachten) Personalmangel, auch wenn dies unsere Chefs nicht wahrhaben wollen!
Dass man jetzt mit diesem Kahlschlag ausgerechnet die schon effizienten Aussendepots mit Personalproblemen nochmals derart degradiert, spottet jedem vernünftigen Gedankengang.
Das Schizophrene an der ganzen Sache gipfelt aber in der Ausbildung der neuen LfA Klasse in Rapperswil, welche nach ZWALP mit ETCS Level 2, Level 1LS, Re 460, RABe 512 geschult werden. Wo bitte ist hier die Logik und die Weitsicht der Verantwortlichen? Die Kundigkeiten sind bereits vernichtet bevor sie vorhanden sind und wir sollen sparen???
Wir Lokführer sind ca. 30% teurer als ein SOB Lf wenn die SBB eine Leistung berechnet, obwohl wir den nahezu identischen Jahreslohn haben. Deshalb sind in der Kooperation mit der SOB keine Leistungsabtausche möglich. Wo die 30 Prozent herkommen, kann sich jeder selber denken…!
Das neue Konzept wird kurzfristig Einsparungen bringen, aber mit der willentlichen Vernichtung unserer Kundigkeiten werden in Zukunft viele Kosten auf uns zukommen, wenn man die Stabilität des Bahnbetriebs weiterhin auf diesem Niveau betreiben will. Die Arroganz, die fehlende Empathie und die nicht vorhandene Unterstützung unserer Vorgesetzten lässt mich ungläubig zurück. Die Verantwortlichen aber werden alsdann schon wegbefördert sein und es wird wieder uns treffen…
Dies sind nur einige wenige Gedanken meinerseits. Will man so der SBB noch seine uneingeschränkte Loyalität zur Verfügung stellen? "Dienst nach Vorschrift" wird wohl an Bedeutung gewinnen... Jeder wird wohl für sich entscheiden, wie viel ihm seine Loyalität wert ist. Ehrliche Wertschätzung ist sehr schwierig, gerade in unserem Beruf, da reichen ein paar Floskeln Ende Jahr in meinen Augen aber nicht mehr. Mit dem neuen Einsatzkonzept verlieren einige Abteilungen die Werte der SBB als sozialer und fortschrittlicher Arbeitgeber.
Ich wünsche allen allzeit gute und profilfreie Fahrt.
Christoph Jud
Lf Rapperswil
Nr. 5 / 9.10.2025
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Als ich für das letzte LocoFolio die Glosse über das Depot Mordor verfasste, womit übrigens Rapperswil gemeint war, hatte ich eigentlich nicht die Absicht gehabt eine Anleitung zu verfassen. Viel mehr war es eine Warnung, was dem Unternehmen blüht, wenn die Attraktivität gewisser Depots weiter gesenkt wird.
Die Warnung kam wohl leider zu spät, man liess das Lokpersonal einmal mehr mit voller Absicht so lange wie möglich über die Pläne im Dunkeln und stellt uns nun vor vollendete Tatsachen. Ich hatte dahingehend nichts anderes erwartet und wurde trotzdem enttäuscht. Ich persönlich empfinde das Einsatzkonzept 2.0 als eine Beleidigung.
Wer nun in einem Depot arbeitet, das vom neuen Einsatzkonzept einigermassen verschont geblieben ist, kann keinesfalls aufatmen. Wenn dieses Konzept einfach so durchgeht, hält sicherheitsgefährdende Monotonie früher oder später auch anderswo Einzug.
In Rapperswil und Ziegelbrücke wird sich derweil der schon bestehende Emigrationsdruck weiter verstärken. Der Versuch, die Wechselwilligen mittels ChaSi-Blacklisting an der Flucht zu hindern, wird an so Dingen wie Frühpensionierung, SOB-Seitensprung und frühzeitigem Verlassen der Bahnbranche scheitern. Dem daraus folgenden Unterbestand gedenkt man dem Vernehmen nach damit zu begegnen, dass man Menschen mit falschen Versprechungen über Streckenrayon und Fahrzeugvielfalt aus der Privatwirtschaft in die Lokführerausbildung lockt – Methoden, die man von respektablen Unternehmen nicht erwartet.
Ich habe meine Konsequenzen bereits gezogen: Ich war aufgrund meines Wohnortes jahrelang auf der Autoliste für Rapperswil. Von dieser habe ich mich jetzt streichen lassen, ich habe keine Lust, dem Unternehmen für eine Tour mit 3x Rappi-Niederweningen retour mein Privatauto gratis zur Verfügung zu stellen. Gerüchteweise bin ich damit wohl nicht der Einzige...
Ich wünsche Allzeit gut Profil und haltet die Ohren steif.
Simon Steinmann
Lf Depot Zürich
Nr. 6 / 9.10.2025
Mail ging an:
CTF Berisha Ardian, Rapperswil
CTF Squillacioti Mario, Romanshorn
CTF Vidic Srebrenko, Rapperswil
Hufschmid Andreas, Produktionsleiter Ost
Marti Claudia, Leiterin Region ZFR Ost
Geschätzte Vorgesetzte
Hiermit möchte ich meine persönliche Meinung zum Fahrplanwechsel und zur aktuellen Entwicklung in unserem Depot äussern.
Zunächst möchte ich betonen, dass ich mir immer zuerst selbst ein Bild mache, bevor ich mir eine Meinung bilde. Ich ziehe nicht einfach mit anderen mit, sondern bewerte Situationen für mich. (Beispielsweise habe ich mich bei der Diskussion um die Umgestaltung des Pausenraums bewusst zurückgehalten – in der Hoffnung, dass dies irgendwann wieder im Sinne der Mitarbeitenden angepasst wird.)
Warum ich Lokführerin geworden bin:
Ich habe die strenge Ausbildung mit Motivation absolviert, weil mir dieser Beruf Freude bereitet. Besonders wichtig waren mir dabei:
• Freude an der Arbeit
• Abwechslung
• Wertschätzung
Diese drei Punkte empfinde ich ab dem kommenden Fahrplanwechsel als nicht mehr gegeben.
Während meiner Ausbildung war mir bewusst, dass der Beruf auch Nachteile mit sich bringt (PU, Tierunfälle, hohe Verantwortung, Sicherheitsrisiken – gerade als Frau allein, Schichtarbeit, Periodische Prüfung, usw.). Diese Belastungen habe ich akzeptiert, weil die Freude an der Arbeit bislang überwog.
Im Hinblick auf den kommenden Fahrplanwechsel zeichnet sich für mich bereits jetzt eine grundlegende Veränderung ab. Schon jetzt verspüre ich kaum noch Freude an der Arbeit, stattdessen zunehmend Frustration. Die Gründe dafür sind vielfältig:
• fehlende Wertschätzung
• weniger Abwechslung, mehr Monotonie
• höhere Verantwortung, die letztlich auf den Lokführer zurückfällt
• Verlust von Fahrzeug- und Streckenkundigkeit
• weniger Bewegung, noch längeres Sitzen - was zusätzlich zur Müdigkeit beiträgt und gesundheitlich belastend ist
• kürzere Pausen, weniger Erholung
• Pausen an unattraktiven Orten, ohne Möglichkeit zum Austausch mit Kollegen. Soviel zum Thema “Selbstreflexion - Austausch mit Kollegen”
• erschwerte Kollegialität, da Kontakte zu anderen Depots stark abnehmen
• erschwerte Ernährung: in Pfäffikon kaum Verpflegungsmöglichkeiten, in Niederweningen gar keine
• zusätzlicher Stress bezüglich WC-Situation: die knappen Wendezeiten lassen oft nicht genügend Raum für einen normalen Toilettengang
Monotonie und Sicherheitsbedenken:
Die Zuweisung, über längere Zeit immer dieselbe S-Bahn zu fahren, bereitet mir Sorgen. Zum einen führt die fehlende Abwechslung zu Monotonie im Arbeitsalltag. Zum anderen sehe ich ein Sicherheitsrisiko – insbesondere als Frau.
Wenn Lokführerinnen und Lokführer regelmässig auf denselben Strecken und zu ähnlichen Zeiten an denselben Bahnhöfen erscheinen, fällt das auch Aussenstehenden auf. Dadurch steigt die Gefahr, gezielt abgefangen oder belästigt zu werden.
Ich habe dies selbst bereits in Wetzikon ZH erlebt. Auch als ich wegen einer Baustelle den ganzen Tag die gleiche Strecke gefahren bin, kam ich mit verschiedenen Männern in unangenehme Situationen – und dies schon tagsüber.
Gerade an Bahnhöfen halten sich häufig alkoholisierte oder aggressive Personen auf, was regelmässig zu unsicheren oder belastenden Situationen führt. Mit der neuen Dienstplangestaltung werde ich solchen Situationen noch öfter ausgesetzt sein, was mein Sicherheitsgefühl erheblich beeinträchtigt.
Auch die Sicherheit der Mitarbeitenden scheint bei der SBB nicht im Vordergrund zu stehen. Ein Beispiel dafür ist, dass Lokführerinnen und Lokführer nachts bei der Endkontrolle allein durch den Zug gehen müssen – obwohl am Standort Rapperswil genügend Security-Personal vorhanden wäre. Eine Begleitung in solchen Situationen würde das Sicherheitsgefühl erheblich stärken.
Mein Fazit:
Es entsteht für mich der Eindruck, dass es nur noch ums Sparen geht – Menschlichkeit und Wertschätzung bleiben dabei auf der Strecke. Das ist für mich sehr enttäuschend.
Da ich seitens SBB keine Wertschätzung mehr empfinde, werde ich meinen Einsatz künftig auf das notwendige Mass beschränken. Ich werde meine Arbeit weiterhin korrekt, zuverlässig und vorschriftsgemäss ausführen – allerdings nicht mehr über das erwartete Mass hinaus. Wenn es aufgrund externer Faktoren zu Verspätungen kommt, werde ich die Vorschriften einhalten und Vmax fahren, jedoch nicht mehr wie bisher an den Belastungsgrenzen, um Verspätungen auszugleichen oder die nächste Leistung pünktlich durchführen zu können.
Darüber hinaus werde ich meinen grundlegenden Bedürfnissen (z. B. Toilettengang) nachgehen, ohne diese zu unterdrücken, auch wenn nur knappe Wende- oder Wegzeiten eingeplant sind. Sollte dadurch die nächste Leistung verspätet erfolgen, ist das zu akzeptieren.
Ich werde künftig keine RE's [Zusätzliche Arbeitstage an Freitagen] mehr übernehmen.
In der Vergangenheit habe ich diese Einsätze übernommen, auch wenn sie für mich regelmässig zu 6-Tage-Wochen bzw. lediglich einem einzigen freien Tag geführt haben. Solange dies mit entsprechender Anerkennung verbunden war, habe ich das mitgetragen.
Da ich jedoch keine Wertschätzung seitens der SBB für diesen zusätzlichen Einsatz wahrnehme, bin ich nicht länger bereit, diese Belastung persönlich auszugleichen.
Ausserdem möchte ich von der Autoliste gestrichen werden. Falls dadurch im Einzelfall zusätzliche Kosten für die SBB entstehen, ist das eine Konsequenz der zukünftigen Rahmenbedingungen, die ich nicht länger persönlich ausgleichen möchte.
Ich hoffe, dass meine Rückmeldung ernst genommen wird und dass die Anliegen der Lokführerinnen und Lokführer wieder stärker in den Fokus rücken.
Freundliche Grüsse
Marina Pichler
Lokführerin Depot Rapperswil
Nr. 7 / 9.10.2025
Hallo Claudia und Andreas
Hallo Mario, Ardian und Sebi
Gerne möchte ich, meine Gedanken und Haltung zu den neuen Tourenentwürfen ab dem kommenden Fahrplanwechsel mit euch teilen.
Als ich die neuen Tourenentwürfe gesehen habe, war ich ehrlich gesagt masslos enttäuscht und schockiert!
Die Touren ab Rapperswil waren bereits in diesem Jahr wenig abwechslungsreich. Die neue Planung jedoch empfinde ich als sehr demotivierend und frustrierend. Nicht nur werden uns immer mehr Strecken weggenommen, sondern auch die Freude zum Job und Abwechslung, welche wir noch hatten.
Unter diesen Umständen bin ich der Meinung, dass mein/ unser Potential nicht mehr ausgeschöpft werden kann. Fahrzeuge, die nicht mehr gefahren werden und Strecken, die verloren gehen verstärken diesen Eindruck extrem.
Die Arbeit fühlt sich dadurch sehr monoton an - wie "Fliessbandarbeit". Das ich/ wir als Menschen/ Teamkollegen mit Erfahrung, Empathie und Freude im Führerstand sitzen, scheint in den Hintergrund gestellt zu werden und macht den Eindruck, dass die Sparmassnahmen wichtiger sind.
Die Vielfalt der Strecken und Fahrzeuge, die wir noch hatten, gab mir/ uns die Motivation und Freude den Job auszuführen, trotz der unregelmässigen Arbeitszeiten, den verschiedenen Schichtlagen und die Bereitschaft an Wochenend- und Feiertagen zu arbeiten. Was jetzt nicht mehr der Fall ist. Das Berufsbild Lokführerin habe ich definitiv anders kennengelernt.
Da beispielsweise, abgesehen von der Anzahl Runden mit der gleichen S-Bahn, die S5 und S15 ab Rw - Zue identisch sind, fehlt jede Abwechslung. Auf Dauer führt diese Monotonie zum Automatismus, was in meinen Augen ein hohes Sicherheitsrisiko darstellt. Ein Aspekt, der aus meiner Sicht nicht unterschätz werden darf.
Besonders erwähnen möchte ich aber, dass es hier NICHT um mangelnde Fähigkeiten/ Kompetenz geht. Es geht darum, dass solche Touren und Arbeitstage keine Freude mehr machen, täglich schwer auf dem Magen liegen und sich wie eine Belastung anfühlen.
Was zu meinem nächsten Punkt führt. Das Gleichgewicht von Geben und Nehmen fehlt meiner Ansicht nach.
Es wurde für uns so vieles reduziert und gestrichen. Gleichzeitig wird von uns aber erwartet flexibel einzuspringen, längere Dienste zu übernehmen oder freie Tage zu opfern, um dann 2–6 mal die gleiche Strecke zu fahren. So fehlt bei mir die Bereitschaft mehr als das nötige zu tun!
Auch der soziale Aspekt wurde ausser Acht gelassen. Den Austausch mit Kollegen/ -innen aus anderen Depots , je nach Standort, ist wenig bis unmöglich. Zudem bietet weder der Pausenraum in Rapperswil, Niederweningen noch in Pfäffikon eine einladende Atmosphäre. Der Pausenraum in Pfäffikon wie auch in Niederweningen wirkt dunkel, ungepflegt/ schmutzig und riechen sehr unangenehm. In so kurzen Pausenzeiten und mit solchen Voraussetzungen, ist in meinen Augen keine richtige Erholung möglich.
Ich bin seit dem ersten Tag der Ausbildung, wirklich jeden Tag gerne arbeiten gegangen. Es war nie ein Muss, ab dem Fahrplanwechsel, sollte dieser umgesetzt werden, leider schon. Und diese Tatsache ist unfassbar traurig. Und ich weiss, dass ich bei weitem nicht die Einzige bin, die so empfindet. Die Stimmung ist sehr schlecht.
Dieses Mail ist nicht persönlich gegen Euch gerichtet, sondern mein Eindruck und Empfinden über diese Situation. Und ich fand es nur fair von mir, euch dies mitzuteilen. Ich hoffe das unsere Anliegen ernstgenommen werden.
Vielen Dank und freundliche Grüße
Melissa Ziltener
Lokführerin Depot Rapperswil
Mail ging an: Claudia Marti, Andreas Hufschmid und alle drei CTF Rappi
Nr. 8 / 10.12.2025
https://sev-online.ch/de/aktuell/kontakt.sev/
Nr. 9 / 10.10.2025
Aktuellen Situation bei den SBB
Im Sport ist es so: Wenn eine Mannschaft vier oder fünf Spiele hintereinander verliert, wird in nahezu 100% der Fälle der Trainer entlassen – nicht der gesamte Kader. Bei den SBB läuft es leider anders: Hier werden diejenigen bestraft, die tagtäglich auf dem Platz stehen. Genau die Mitarbeitenden, die länger als 90 Minuten "spielen", die an freien Tagen einspringen, weil die Unternehmung es nicht schafft, ein funktionierendes Konzept aufzustellen.
Die aktuellen Sparmaßnahmen der SBB gehen klar in die falsche Richtung. Man spart 7 Franken bei zwei Parkplätzen – und gibt gleichzeitig 240 Millionen anderswo aus. So kann kein nachhaltiges System funktionieren.
Der Personalmangel bei den Lokführern besteht nicht erst seit gestern. Der Betrieb läuft oft nur dank der Kolleginnen und Kollegen, die regelmäßig Sonderschichten übernehmen. Und genau diesen Personen zeigt man jetzt den “Mittelfinger”.
Es ist bezeichnend, dass diese Massnahmen still und leise im Hintergrund umgesetzt wurden – ohne echte Einbindung der Betroffenen.
Der VSLF und auch die CTF-Verantwortlichen haben in den letzten Jahren kaum Widerstand gezeigt. Zu oft hat man sich mit den Krümeln zufriedengegeben, die die SBB hinwarf. Der Ruf nach einer eigenen Gewerkschaft der Lokführerinnen und Lokführer war noch nie so laut und so berechtigt wie heute!
Auch die Sparmaßnahmen bei den CTFs müssen neu gedacht werden. Stellenvergabe darf nur bei bestehender Qualifikation erfolgen. Langwierige Nachqualifizierungen nach Anstellung schaffen Chaos in den Depots. Eine CTF-Position sollte zwingend an eine Lokführerausbildung gekoppelt sein – so können Krankmeldungen kurzfristig abgedeckt werden, ohne dass alles über Telefonzentralen läuft.
Viele Aufgaben – wie Krankmeldungen, Mitarbeiterdialoge oder ZUB-Meldungen könnten zentral in Wankdorf über digitale Kanäle (z.B. Teams oder Zoom) abgewickelt werden. Das würde nicht nur Strukturen vereinfachen, sondern auch erhebliche Kosten für Taxi- und Autofahrten einsparen. Ebenso sollte man endlich konsequent Lokführer aus der jeweiligen Region einsetzen, um unnötige Fahrzeiten zu vermeiden.
Der “grüne Zeiger” der SBB scheint mittlerweile nur noch eine Werbemassnahme zu sein. Das eigentliche Motto müsste lauten:
- “Alles, was nicht Triebfahrzeuge bedient, muss zuerst Abstriche machen.”
Wir leben in einer Leistungsgesellschaft – und das muss sich auch bei der SBB widerspiegeln. Mitarbeitende, die täglich Verantwortung übernehmen und Leistung zeigen, werden derzeit nur vertröstet. Gute Ideen werden belächelt, statt gehört.
Zum Schluss ein Appell an alle Kolleginnen und Kollegen: Das neue Einsatzkonzept stammt von Menschen, die zu Bürozeiten von Montag bis Freitag arbeiten – mit freien Wochenenden. Menschen, die nicht wissen (oder längst vergessen haben), was Schichtarbeit bedeutet.
MfG Zijad Hadrovic
Lokführer Ziegelbrücke
Nr. 10 / 10.10.2025
«Der Job als Lokführer:in führt dich entlang der schönsten Bahnstrecken der Schweiz. Dabei bringst du unsere Fahrgäste pünktlich an ihr Ziel, und sorgst so für ein positives Reiseerlebnis mit der SBB. Voller Perspektiven ist auch dein Arbeitsalltag mit Rahmenbedingungen für alle Lebenssituationen. Einerseits kannst du mit unseren flexiblen Teilzeitmodellen das für dich passende Arbeitspensum wählen. Andererseits sind deine Arbeitszeiten genauso abwechslungsreich wie die unterschiedlichen Fahrzeugtypen, die du fährst.»
So lautet der Werbeslogan der SBB zur Ausbildung als Lokführer:in. Wenn ich ihn heute lese, muss ich mir eingestehen: Ich bin darauf hereingefallen! Vielleicht traf er früher besser zu – doch bereits zu Beginn meiner Ausbildung in Rapperswil wurde mir klar, dass der Arbeitsalltag weitaus monotoner ist, als ich es erwartet hatte und wie es in der Jobausschreibung für Quereinsteiger beschrieben wurde.
Die meisten Einsätze bestanden aus immer denselben S-Bahn-Linien – S5, S7, S8 oder S15. Schon kleine Abweichungen, wie eine S6 nach Baden, eine S24 nach Weinfelden oder – noch besser – eine S9 nach Schaffhausen, galten bei uns als willkommene Abwechslung. Und wenn einmal im Monat eine Fernverkehrsleistung gefahren werden durfte, war das für viele ein echtes Highlight. Die Fahrzeugschulung auf dem HVZ (Standardfahrzeug in Rapperswil) blieb sowohl uns als auch den beiden Vorgängerklassen während der Ausbildung trotz Mangel an kundigen Lokführern leider verwehrt.
Es wurde auch uns Neulingen schnell klar: Das Depot Rapperswil entwickelt sich zunehmend zu einem reinen S-Bahn-Depot. Als vermeintlicher Ausgleich wurde uns in Aussicht gestellt, dass wir einerseits die Streckenkundigkeit für das gesamte Zürcher S-Bahn-Netz erwerben dürften und andererseits – als eines der letzten Depots – noch auf dem 512er ausgebildet würden. Klare Aussagen dazu blieben jedoch wie immer aus.
Ich denke, das hätte man akzeptiert – damit hat man wohl schon lange gerechnet. Immerhin standen trotz des Wegfalls der Fernverkehrsleistungen eine Erweiterung des Rayons sowie die Ausbildung auf einem neuen Fahrzeug in Aussicht.
Mit Bestürzung und fast schon fassungslos nahmen wir an einer Informationsveranstaltung zur Kenntnis, dass das Einsatzkonzept ZFR 2.0 längst beschlossen war. Ohne vorherige Kommunikation oder Ankündigung aber mit weitreichenden Folgen für unseren Berufsalltag. Die Auswirkungen gehen weit über den Verlust der Fernverkehrsleistungen hinaus. Unser Arbeitsalltag wird sich künftig fast ausschliesslich auf die bereits bekannten vier S-Bahn-Linien beschränken. Touren mit zwei bis drei vollständigen Runden derselben Linie werden zur neuen Normalität. Kurze Pausen und Arbeitsunterbrechungen, der schleichende Verlust von Strecken- und Fahrzeugkenntnissen sowie zunehmende Monotonie sind nur einige der Folgen, die wir stillschweigend hinnehmen sollen.
Gegen die zunehmende Monotonie, ein sogenannter "Human Factor", sollen wir künftig LMS-Kurse besuchen. Ob der Begriff menschlich im Umgang mit dem Lokpersonal überhaupt noch angewendet werden darf, finde ich bei der uns entgegengebrachten Wertschätzung äusserst fragwürdig.
«Bewirb dich für den besten Platz im Zug – die schönste Jobperspektive der Welt.»
Diesen Slogan auf der SBB-Werbelok hätte ich bis vor Kurzem noch unterschrieben und die Ausbildung sowie den Beruf mit Überzeugung weiterempfohlen. Heute, noch nicht einmal ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung, muss ich leider davon abraten. Schichtarbeit, Wochenenddienste, Rasttagseinbussen, die hohe Verantwortung, eine spürbare Bestrafungskultur, fehlende Wertschätzung, das stetige Unfallrisiko und die zunehmende Monotonie – all das wird leider nicht mehr durch abwechslungsreiche Touren entlang der schönsten Bahnstrecken der Schweiz kompensiert. Da hilft selbst die schönste Werbelok nicht, um die Fakten schönzureden. In der Folge sehe ich mich bereits jetzt gezwungen, mich nach einer neuen beruflichen Perspektive umzusehen – eine Erkenntnis, die mich traurig stimmt und enttäuscht. Mein einstiger Traumjob ist dem Einsatzkonzept 2.0 zum Opfer gefallen.
Lokführerin Depot Rapperswil
Nr. 11 / 12.10.2025
Hallo allerseits,
eigentlich wurde schon alles gesagt über das Depot Rapperswil. Trotzdem möchte ich noch einige Punkte vertiefen.
Seit Jahren demontiert man unser Depot gemäss “Salamitaktik”, wie man so schön sagt. Man nimmt uns jährlich etwas weg, im Gegenzug erhalten wir nichts, und wieder geht etwas weg, und wieder bekommen wir nichts dafür… In den meisten anderen Depots war das wenigstens in diesem Punkt noch einigermassen ein “geben und nehmen”. Woran das bei uns lag, überlasse ich zur Beurteilung jeder und jedem selbst…
Seit 10–12 Jahren hörten wir dann immer wieder, Ihr bekommt dafür nächstens das ganze S–Bahn Netz. Passiert ist in dieser Richtung natürlich NIE etwas. Bald konnte ich die alljährliche Leier nicht mehr ernst nehmen, wie auch das Avanti–Programm nicht. Meines Erachtens wurden wir von Anfang an wissentlich belogen, einfach um uns ruhig zu stellen. Aufgrund der Personalsorgen wurden nun die Dienste immer länger, 10–11h sind an der Tagesordnung. Die Überzeitkonten steigen inˋs unermessliche, einfach um zu retten was noch zu retten ist. Dies im hausgemachten Chaos, welches man selber angerichtet hat. Wir Lfˋs sind dem machtlos ausgeliefert.
Dazu kommen fix eingeteilte 11h–Übergänge, welche bei allen verpönt sind und eigentlich nur in Ausnahmefällen eingeteilt werden sollen. Aufgrund unserer peripheren Lage in Rapperswil, sind wir auch dieser zusätzlichen Belastung ausgesetzt! Das interessiert aber schon lange niemanden mehr. Aus all diesen Gründen bringe ich schon seit Jahren keine RE‘s [zusätzliche Arbeitstage] mehr! Wofür auch, damit wir als Dank ein weiteres Messer in den Rücken erhalten?! Und nun also die definitiv einkehrende (und aus meiner Sicht gefährliche) Monotonie in Form von 3 Runden S15 etc., eingeteilte Pausen an Orten ohne anständige Verpflegungmöglichkeiten. Und das Ganze natürlich auch noch in äusserst ungemütlichen “schlummrigen Löchern”…!
Werden wir eigentlich noch als Menschen angesehen? Aus meiner Optik nicht, schon eher als “notwendiges Übel”. Wertschätzung auf einer Skala von 0–10 auf minus 10! Persönlich gilt für mich ab Fahrplanwechsel daher nur noch Arbeiten wie vorgeschrieben. Nie, aber auch gar nie, hätte ich geglaubt das es jemals so weit kommen könnte :–(
Mir graut es vor meinen letzten Jahren. Unendlich leid tun mir aber die jüngeren Kolleginnen und Kollegen, welche (eigentlich) noch Jahre, beziehungsweise Jahrzehnte vor sich haben. Mit Betonung auf “haben”, denn so weit wird es nie kommen. Spätestens dann, wenn Sie alle weg sind, ist sich der Betrieb ein weiteres Mal keiner Schuld bewusst…
Was mich jetzt noch interessieren würde, findet man eigentlich noch APK‘s? Nur zum abnicken und unterschreiben? Um sich dann wieder zu rühmen man hätte das Personal miteinbezogen!?
Nun wünsche ich allen Beteiligten in dieser Situation für sich das Beste daraus zu machen, und Grüsse Euch freundlichst. Grüsse von einem sehr sehr traurigem Lokführer, der jahrelang diesen tollen Beruf über alles liebte und für den es jetzt, wie wohl für viele, ab Dezember zur reinen Qual wird!
[Ein Lokführer Depot Rapperswil]
Nr. 12 / 12.10.2025
Die konkreten Pläne habe ich nicht gesehen, wenn aber nur ein Teil von dem stimmt, was beschrieben wird, ist das Einsatzkonzept 2.0 von PP-BP für die SBB ein grosses Verlustgeschäft und muss unbedingt gestoppt werden.
Durch den Verlust von Linien und Fahrzeugen wird Wissen und somit Kapital der SBB im Personal vernichtet und es entsteht ein nachhaltiger Schaden für die SBB.
- Wer trägt die Kosten für zukünftige Neuinstruktionen für Fahrzeuge und Strecken?
- Wer trägt die Kosten für grosse Aufwendungen bei Event-, Umleitungs-, Baustellen- und Störungsverkehr?
- Wer trägt die Kosten für grosse Mehraufwendungen infolge fehlender Kundigkeiten bei der Monats- und Kurzfristplanung bis hin zum Laufenden-Dienst in den TCC?
- Wer trägt die Kosten für Systembremsungen, Durchfahrt statt Halt, Rangierunregelmässigkeiten bis hin zu Signalfällen und Schlimmerem infolge unmenschlicher Monotonie? Wir SBB-Lokführer sind für flexible Einsätze und komplexe Arbeiten ausgesucht und ausgebildet worden.
- Wer trägt die Kosten für massive Motivationsverluste beim Lok-, Vorgesetzten- und Einteilungs-Personal, was sich in vermehrten Krankheitstagen, fehlender Breitschaft für Extra-Arbeitstage, fehlender Bereitschaft für den freiwilligen Einsatz des Privatautos und dem Kündigen der Lokführertätigkeit bei der SBB zeigen dürfte.
Die Kosten trägt Claudio Pellettieri und seine Zugführung. Und somit ist es einmal mehr auch unsere Lokführer-Rechnung. Die Kosten trägt aber auch Stephan Simonin von der Steuerung. Einzig die Jahresplanung kann ein paar Minuten Gewinn ausweisen.
Ein trauriger Kosten-Schnitt für SBB Personenverkehr und ein denkbar schlechter Einstieg für unsere neuen Chefs Reto Liechti (PP) und Ladina Purtschert (BP).
Die SBB und der VSLF als Sozialpartner haben zusammen im Projekt ZWALP vereinbart, das Personal so auszubilden und einzusetzen, dass jedes Depot ein Rayon hat in welchem Personal und Fahrzeuge für den Betrieb produktiv und flexibel eingesetzt werden können. Das ganze Ausbildungskonzept ZWALP und alle Versprechungen sind nun für den Papierkorb. Und man hat gegenüber den Sozialpartnern und dem Personal das Wort gebrochen, was nach meiner Auffassung gegen Treu und Glauben verstösst.
Dies, und dass offenbar bei allen Vorgesetzten von SBB Personenverkehr zum Einsatzkonzept 2.0 ein Maulkorb mit Androhungen von Konsequenzen verhängt wurde, zeigen, dass es nicht die SBB per se ist, welche dafür verantwortlich ist. Dies ergibt sich auch aus der Logik, wer die Mehrkosten trägt und wer komplett frustriertem Personal gegenüberstehen muss.
Gerade periphere Depotstandorte haben immer zuverlässig die strengen Leistungen erbracht und mit grossem Engagement die Aufgabe für die SBB kompetent erledigt. Dafür erhielten sie einmal in der Woche oder alle 14 Tage einen Dienst mit etwas Abwechslung, welche vielleicht ein paar Minuten mehr unproduktive Zeit benötigte. Dafür erhielt die SBB sehr viel mehr zurück. Nicht nur in Franken und Rappen sondern auch in jahrzehntelanger treuer Loyalität.
Dies alles aufs Spiel zu setzen für minime Einsparungen einer Abteilung und Mehrkosten für die gesamte SBB (one SBB) ist nicht einmal kurzfristig sinnvoll.
Ich gehe davon aus, dass es Schattenpläne für den Fahrplanwechsel gibt und rufe die Verantwortlichen auf, diese auszurollen. Es lohnt sich und hilft uns nachhaltig Geld zu sparen.
Hubert Giger
Lokführer SBB Zürich
Nr. 13 / 13.10.2025
Was die neue Planung kostet, wenn man sie zu Ende denkt
Wenn heute von „natürlichen Leistungen“ gesprochen wird, meint man, dass Züge vom Depot starten und dorthin zurückkehren – eine einfache, gewachsene und eigentlich logische Struktur. Unsere Depots müsste man bald unter Naturschutz stellen – weil alles, was noch natürlich läuft, gerade systematisch abgeschafft wird.
Ich sehe mit wachsender Sorge, wie eine als Sparmaßnahme verkaufte Neuplanung dabei ist, ein funktionierendes System aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sie greift tief in gewachsene Abläufe ein, zerstört Erfahrungen und mindert letztlich die Qualität und Sicherheit, auf die sich Fahrgäste und Betrieb bisher verlassen konnten.
1. Was sich verändert
Die neuen Arbeitspläne und Touren sollen angeblich Effizienz schaffen. In der Realität droht das Gegenteil: Was heute als Einsparung gedacht ist, wird morgen höhere Kosten und größere Instabilität verursachen.
Denn wo an den falschen Stellen gespart wird, entstehen automatisch Folgekosten:
mehr Krankheitsausfälle, geringere Motivation, sinkende Qualität, fehlerhafte Abläufe und steigender Personalverschleiß. Jede kurzfristige Entlastung im Budget wird durch langfristige Verluste im Betrieb wieder aufgehoben.
Je stärker der Betrieb „optimiert“ wird, desto weniger bleibt von der eigentlichen Substanz übrig. Denn die Bahn wird von Menschen gefahren – nicht von Robotern.
Und Menschen brauchen Abwechslung, Konzentration, Pausen und Wertschätzung. – also genau das, was derzeit abgeschafft wird, aber erhalten bleiben müsste, um den Betrieb stabil und verlässlich zu halten.
2. Der Mensch als Risikofaktor – oder als Garant
Abwechslung ist kein Luxus, sondern ein Sicherheitsfaktor. Wer täglich dieselben Strecken fährt, verliert Aufmerksamkeit und geistige Flexibilität. Monotonie führt zu Routineblindheit – kleine Unachtsamkeiten häufen sich, bis sie zu gefährlichen Situationen werden können.
Ein motivierter, gesunder Lokführer ist dagegen ein Sicherheitsgewinn. Er erkennt Unregelmäßigkeiten, reagiert frühzeitig und trägt durch Engagement dazu bei, dass der Zug pünktlich und sicher ans Ziel kommt. Wenn aber Pausen gekürzt, natürliche Übergänge gestrichen und der Tagesrhythmus ständig verdichtet werden, sinkt diese Aufmerksamkeit zwangsläufig.
Was im Büro selbstverständlich ist – ein kurzer Gang zur Toilette, ein Kaffee, Bewegung – wird auf der Lok zum Problem. Das mag in der Planung als Nebensache erscheinen, doch vielen, die diese Pläne schreiben, ist die Realität von Schichtarbeit schlicht nicht bewusst.
Dabei sind genau diese vielen kleinen Unterbrüche zwischen zwei S-Bahnen entscheidend für Leistungsfähigkeit, Konzentration und Sicherheit. Ein übermüdeter, überreizter oder abgelenkter Mensch ist kein effizienter Mensch. Und es sind Menschen, die Züge fahren – nicht Maschinen.
3. Fachwissen, das verschwindet
Mit dem Wegfall von Touren, Fahrzeugen und Streckenkenntnissen verschwindet ein unschätzbarer Erfahrungsschatz. Dieses Fachwissen war teuer – es wurde über Jahrzehnte aufgebaut und wird jetzt Schritt für Schritt vernichtet!
Und da sträube ich mich dagegen, dass hier unser Allgemeingut, also gemeinsames Fachwissen, bewusst zerstört wird. Es ist die Grundlage, dass der Betrieb überhaupt funktioniert.
Diese Kundigkeiten sind laut BAV ein kostenloser Selbsterhalt – sie bleiben lebendig, solange Lokführer regelmäßig fahren. Wenn diese Einsätze fehlen, verfallen die Kenntnisse.
Im Störungsfall, bei Baustellen oder Eventverkehr fehlt dann das Personal, das weiß, wie man reagiert. Die Folge: längere Ausfälle, höhere Risiken und steigende Ausbildungskosten.
Was man heute spart, bezahlt man später mehrfach – in Zeit, Geld und Sicherheit.
Ein erfahrener Lokführer, der nur noch einfache Depotleistungen fährt, ist wie ein leistungsstarker Computer, den man nur als Taschenrechner nutzt. Man bezahlt für Fachwissen, das man sich gleichzeitig selbst entwertet.
4. Strukturen, die sich selbst blockieren
Ein weiteres Problem ist die zunehmende Zersplitterung des Betriebs. Jede Abteilung optimiert für sich, ohne den Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen. Kosten werden verschoben, nicht gelöst. Was auf einer Liste „gespart“ aussieht, belastet an anderer Stelle den Betrieb. Am Ende landet die Verantwortung bei jenen, die die Bahn tatsächlich bewegen – bei den Lokführern. Wenn diese Basis überfordert wird, bricht das System an seiner tragenden Stelle. Die SBB war immer stark, weil sie als Einheit funktioniert hat.
„One SBB“ darf nicht zu „hundert SBBli“ werden.
Kooperation ist billiger als Konkurrenz im eigenen Haus. Keine Bank, keine Airline, kein Industriebetrieb würde sich eine solche Selbstzerstückelung leisten – weil jeder weiß, dass Fragmentierung Effizienz, Zeit und letztendlich Geld kostet.
5. Der Preis des Übersehens
Wer so plant, nimmt Ausfälle, Erschöpfung und Frustration in Kauf. Diese Folgen sind nicht hypothetisch, sondern absehbar. Ein System, das seine Menschen überlastet, wird unzuverlässig – nicht aus böser Absicht, sondern aus menschlicher Logik.
Jede Fehlplanung, jeder Personalmangel, jede Wiederqualifizierung verursacht Kosten, die weit über das hinausgehen, was man vorher „eingespart“ hat. Die Rechnung geht nie auf, weil sie die Menschen nicht einbezieht, die das System überhaupt am Leben halten.
Ein Lokführer kostet nach seiner Ausbildung kaum etwas. Er hält sein Wissen aktuell, handelt eigenverantwortlich, vermeidet Fehler – und tut das aus Professionalität.
Wenn diese Basis zerstört wird, verliert die SBB das, was man mit keinem Budget zurückkaufen kann: Erfahrung, Loyalität und Vertrauen.
6. Fazit
Lokführer = Flexibilität = Eisenbahn.
Diese Flexibilität braucht die SBB – nicht umgekehrt!
Wer an der Basis spart, gefährdet das Fundament.
Wer Erfahrung streicht, erzeugt Fehler.
Wer Menschlichkeit opfert, verliert Motivation.
Und wer glaubt, die Bahn fahre sich von allein, wird bald feststellen, dass niemand mehr da ist, der sie sicher führt.
Mir ist eine funktionierende SBB wichtig!
Und ich sehe mit großer Sorge, wie eine solche bewusst herbeigeführte Beschädigung des gesamten Arbeitsklimas die SBB langfristig schwächt. Was uns damit künftig zugemutet werden soll, bereitet mir ernsthafte Bedenken.
Die SBB funktioniert, solange sie auf die Menschen vertraut, die sie jeden Tag bewegen.
Wenn dieses Vertrauen verloren geht, hilft keine Statistik mehr – dann steht halt der Zug.
Stefan Gall
Lokführer Depot Ziegelbrücke
Nr. 14 / 13.10.2025
Geschätzte Kolleginnen, werte Kollegen
mit grossem Interesse lese ich Eure Beiträge und fühle mit Euch, obwohl ich möglicherweise mit dem Depotstandort Luzern (noch) nicht ganz so intensiv von den Veränderungen betroffen sein werde. Doch was noch nicht ist, wird wohl auch dort noch folgen und Folgen haben.
Es wird eine Zäsur geben und dem Personalkörper „Lokpersonal“ erheblichen Schaden zufügen, wenn sowohl „Phoenix“ wie auch IPP demnächst produktiv eingeführt werden sollte und daran gibt es keine Zweifel, nur Zweifler.
Ich bitte einfach Alle, welche sich jetzt schon über ihr inskünftiges Arbeitsverhalten Gedanken machen, wie „keine RE mehr bringen“, „bei krank bleib‘ ich der Arbeit fern“, „WC-Gang liegt immer drin“ usw. diese auch konsequent umzusetzen, egal der Konsequenzen wegen. Grundsätzlich befindet sich die Bahn am Boden und bleibt halt einfach stehen. An wieviele Dingen haben wir uns in den letzten Jahren schon zuerst „maulend“ und zuletzt doch stillschweigend gewöhnt? Dienstkleider? Arbeitsschuhe? Bereitschaftsmeldung? Wegzeiten? Briefing?
Es ist jetzt an der Zeit, Taten folgen zu lassen, nicht destruktiv, nicht zerstörerisch, sondern Dienst wie verlangt, sich „naiv“ geben, nur von Leistung zu Leistung schauen und dann überlegen und entscheiden, was und wie etwas zu erledigen ist. Nicht auch noch für den ganzen Lenkungs-, Steuerungs- und Einteilungsapparat mitdenken. Und lassen wir es dann auch mal „verrecken“!
Ja, wir fahren für unsere Kunden. Aber diese sollen auch endlich mal wissen, wie respektlos bei der SBB mit qualifiziertem, gut ausgebildetem und bislang motiviertem Personal umgegangen wird und an welchem seidenen Faden bald nur noch die Sicherheit und Zuverlässigkeit einer jeden Bahnfahrt hängen wird.
Wir haben nur einen Lohn und unsere eine Aufgabe, wozu wir einmal Ja gesagt haben. Lasst uns diese machen, aber die Extra-Meile gehen bzw. fahren wir nicht mehr. Wozu auch? Danke hat man früher gesagt, als es noch kein Geld gab. Heute gilt eher das badische Sprichwort: „ned gschimpft, is scho gnug globt“
In dem Sinne seid konsequent, orientiert Euch neu und bleibt Euch treu. Jeder von uns muss selber in den Spiegel schauen und diesen Blick ertragen können. Auch ich. Tagtäglich.
Ich wünsche uns allen Glück, Mut, Gradlinigkeit und gute Fahrt.
Kollegiale Grüsse
Stephan (Depot Rapperswil 2002-2004)
Nr. 15 / 13.10.2025
Dass man jetzt mit einem neuem Einsatzkonzept 2.0 aus dem Büro heraus die Wirklichkeit effizienter machen möchte hat mich nicht besonders überrascht. Dafür wurden in der Vergangenheit auch schon zu viele Fehler gemacht. Was mich viel mehr überrascht hat, ich muss sagen regelrecht bestürzt hat, ist die Art und Weise wie man ein solches System gewaltsam einführen möchte.
Ich kann mich an Zeiten erinnern in denen ein Betrieb nur noch mit einer fast übermenschlichen Anstrengung der Lokführer überhaupt bewältigt werden konnte. Es ist mir im Gedächnis geblieben, wie ich nach zehn Arbeitstagen am Stück von einem Pex abgelöst wurde. Dieser depotübergreifende Zusammenhalt hat mich sehr beeindruckt und es hat mich Stolz gemacht ein Teil davon zu sein.
Ich war mir eigentlich sicher, dass selbst die abgehobenen Entscheidungsträger bei der SBB sich dieser Stärke unter den Lokführern bewusst seien. Dass man diesen treuen Angestellten nun trickreich, und offenbar sogar mit Hilfe von Verschwiegenheitsklauseln versucht, “das Messer in den Rücken zu stechen” grenzt schon fast an Boshaftigkeit und Ignoranz.
Aus meiner Sicht grenzt die Entscheidung für das Unternehmen SBB an Selbstzerstümmelung. Selbst eine Rücknahme des Einsatzkonzeptes 2.0 und Rückkehr zur normalen Einteilung könnten den Schaden nur noch begrenzen.
Daniel Werner, Lokführer Depot Schaffhausen
Nr. 16 / 15.10.2025
Schreiben vom 10.10.2025 an SBB CEO Vincent Ducrot
__________
Geschätzter Herr Ducrot
Bei ihrem Amtsantritt vor einigen Jahren haben sie geäussert, dass die Vielseitigkeit der verschiedenen Depots erhalten bleiben soll um den Beruf des Lokführers und die Zufriedenheit zu erhalten.
Ich arbeite nun 21 Jahre loyal / pflichtbewusst (dies wird mein Vorgesetzter bestätigen), wie so viele andere, bei der SBB, davon 20 Jahre in Ziegelbrücke.
Ich habe an der SBB einen guten, zuverlässigen Arbeitgeber der mir auch privat viel ermöglichet hat. Ebenfalls ist mir bewusst das Wirtschaftlichkeit ein wichtiger Aspekt jedes Arbeitgebers ist und dementsprechend laufende Veränderungen dazu gehören.
Mittlerweile haben wir strukturbedingt etwa die Hälfte unserer Leistungen verloren. Dass wir nun auf drei Fahrzeuge und ein paar wenige ZVV Strecken reduziert werden (natürliche Leistungen) kann ich jedoch nicht mehr verstehen. Dass die Anfangs und Endzüge gegeben sind entspricht der Logik. Doch dazwischen wäre mit heutigen technischen Mitteln problemlos interessante Touren Depot übergreifend planbar, zumal die Kundigkeiten betreffend Strecken und Fahrzeugseitig vorhanden sind. Effiziente Touren wären problemlos möglich ohne die Depotstruktur kaputt zu machen und um einen attraktiven Lokführerberuf zu erhalten.
Win - win müsste das Ziel sein. Unsere Arbeit entspricht leider bei weitem nicht mehr dem Anforderungsprofil das bei Rekrutierungen und an periodischen Prüfungen von uns verlangt wird. Mit all seinen Konsequenzen persönlich und firmenseitig.
Es ist mir bewusst dass mein Anliegen nicht an oberster Stelle der von Ihnen zu erfüllenden Perimeter steht und nicht den, denke ich, vielen zu erfüllenden Ansprüchen der verschiedene Träger steht. Trotzdem würde ich gerne Ihre Sicht zu meinem Anliegen hören und würde mich über eine Rückmeldung freuen.
Werde gerne zuverlässig weiter unserer Firma zur Verfügung stehen mit dem Wunsch nach etwas mehr Vielseitigkeit, zumindest innerhalb des ZVV, wo wir ja ein Enddepot sind.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
Freundliche Grüsse
Josef Nawrocki, Lf Depot Ziegelbrücke
__________
Die Antwort des CEO seht derzeit noch aus.
Nr. 17 / 15.10.2025
Heute ist Herr Hufschmid [Andreas Hufschmid, Leiter Produktion Ost / Sh, Rh, W, SG, Sa, Ch, Rw, Zb] in Schaffhausen gewesen.
Ich konnte vor der Arbeit kurz reinschauen. Aus meiner Sicht die üblichen Aussagen. So wie Politiker, viel reden, aber nur nichtssagendes.
Eine der Kernaussagen war, dass alle sparen müssen und man alles reduziert und man zufrieden sein soll dass der Lohn pünktlich kommt. Das soll genügen! (Seine Aussage, nicht meine!)
Thomas Bauer, LF Schaffhausen
Nr. 18 / 16.10.2025
Was will man eigentlich?
Dass die Kommunikation und Abstimmung zwischen verschiedenen Abteilungen in einem Grossunternehmen nicht immer einfach ist, sollte jedem klar sein, aber nach diversen Gesprächen mit Personen, die im Bereich der Aus- und Weiterbildung arbeiten, muss ich mir ernsthaft die Frage stellen, ob hier die rechte Hand auch nur im Entferntesten eine Ahnung hat, was die Linke macht.
Nach jahrelangen Diskussionen wurde in den letzten Jahren endlich das erreicht, was schon seit langem gefordert wurde und zwar die Ausweitung der Strecken- und Fahrzeugkenntnisse und die Angleichung der Rayons innerhalb der gleichen Region mit den Projekten ZWALP und Avanti.
Kaum wurden mit grossen Aufwand die Kundigkeiten beim bestehenden Personal aufgebaut und die ersten Klassen nach dem neuen Konzept ausgebildet, wird die Kernidee der Kompetenzausweitung mit dem neuen Einsatzkonzept gleich wieder über den Haufen geworfen. Vor allem die Tatsache, dass sich im Bereich der Grundausbildung des Lokpersonals gar nichts geändert hat - Die Klassen werden nach wie vor nach ZWALP ausgebildet - ist im Kontext des neuen Einsatzkonzepts ein Widerspruch. Auf der einen Seite werden mit viel Aufwand Kundigkeiten und Kompetenzen aufgebaut nur um sie danach wieder langsam verkümmern zu lassen. Wo liegt hier der Sinn?
Es stellt sich vor allem die Frage der langfristigen Perspektive. Aktuell ist dank der aufgebauten Kundigkeiten sowohl bei Baustellen und bei ungeplantem Betrieb eine Flexibilität möglich. Wie sieht das ganze nach 3 bis 5 Jahren aus, wenn dann grosse Teile der Strecken- und Fahrzeugkundigkeiten wegfallen?
Für mich steht das neue Einsatzkonzept für nichts anderes als kurzfristige Kostenoptimierung. Die langfristigen Folgen in Form von abnehmender Motivation, Abgängen, Pensumreduktionen, Frühpensionierungen, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung, fehlender Flexibilität in der Planung und im Betrieb dürfen dann wieder Andere ausbaden.
Auch die dürftige und fast schon beiläufige Kommunikation ohne nachvollziehbare Begründungen verdient das Prädikat ungenügend.
Aus meiner Sicht wäre ein Marschhalt und ein Rückkehr zur alten Philosophie sinnvoll. Dann haben alle betroffenen Abteilungen die Möglichkeit eine Lösung zu finden, die gesamtheitlichen Nutzen stiftet. Als eine SBB sollen wir das Ruder gemeinsam steuern. Aktuell steuern manche Abteilungen in die eine Richtung und der Rest in die entgegengesetzte. Eine Konstellation die langfristig nicht zielführend sein kann.
Max Gallmann, Depot Zürich
Nr. 19 / 16.10.2025
Also dienstjunger LF (<5 Jahre) schmerzt diese Angelegenheit enorm und stimmt mich traurig. Nicht, dass Personen versuchen eine Prozessoptimierung durchzuringen. Sondern einzig und allein die Art und Weise der Kommunikation. Die komplett verschiedenen Darstellungen auf der öffentlichen SBB-Newsseite und dem Intranet sowie die Ansichten des Personals hier auf diesem Blog machen Angst und das Vertrauen wird zerstört.
Ich kann vielen Kolleginnen und Kollegen in den kleineren Depots nur mein Trost aussprechen und den VSLF sowie unsere anderen Sozialpartnern auffordern SOFORT sämtliche BAR-Verhandlungen auf Eis zu legen und eine ausserordentliche Delegiertenversammlung zu organisieren, wo das weitere Vorgehen entschieden wird. Mit diesem Misstrauen ist kein Verhandeln möglich.
Klar ist die SBB als unsere Arbeitgeberin am Ende des Tages am längeren Hebel. Doch soll sie Arbeitgeberin bleiben und nicht zur ArbeitNEHMERIN werden. ;-)
Lokführer Zürich
Nr. 20 / 17.10.2025
Mail vom 6.10.25 an Vincent Ducrot
_____________________
Einen wunderschönen guten Morgen Vincent Ducrot,
dem Konzernchef der SBB und möchte ich im Herzen mit dem höchsten Respekt und Achtung begegnen. Deswegen verzichte ich auf die übliche "Du-Form". Kurz zu mir, damit sie Vincent einen Überblick erhalten, wer hier schreibt.
Im Jahr 1989 absolvierte ich die Lokführerausbildung in Zürich. Nach einigen Jahren zog es mich wieder auf’s Land und nutzte damals die Gelegenheit in Rapperswil eine freie Stelle zu erhalten. Zu diesem Zeitpunkt und der Philosophie der Ausbildung sei Dank, konnte jeder junge Lokführer (bis auf den Cisalpino ETR 470) alle Fahrzeugtypen und alle Strecken im deutschsprachigen Gebiet fahren. Natürlich verändert sich jeder Beruf und mit ihm sein Umfeld. Wir Lokführer haben schon einmal mit dem System Piper der Einsatzeinteilung miterlebt, wie man uns wie eine Zitrone auspresst. Das alles konnte wir im Grossen Ganzen unter der Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit auch nachvollziehen.
Nun kommt das Einsatzkonzept 2.0 unterstützte durch KI aufs Papier. Entscheidend aber mit dem Unterschied, dass die Parameter empfindlich verändert wurden. Diese Veränderung geehrter Vincent wirken für gewisse Nebendepot katastrophal aus!
Nach dem Wegfall von Fernverkehrszügen (beim Fahrplanwechsel 2021/22) IR Zü-Chur, wird jetzt unser Fahrrayon weiter um ca. 1/3 verkleinert.
Für das Depot Rapperswil bedeutet das neue Konzept nun;
Wegfall der Linien:
- S11 nach Aarau / Winterthur
- S6 nach Baden / Uerikon
- S9 nach Schaffhausen / Uetikon
- S24 nach Weinfelden / Zug
- generell keinen Fernverkehr mehr. (IR ZüHB - Lz - ZüHB & IR Weinfelden - ZüHB)
Geehrter Vincent, mein Aufzeigen ist nicht einfach ein Jammern auf hohem Niveau. Es ist schlicht hin ein Überschreiten einer roten Linie. Ich arbeite nun seit 36 Jahren im Betrieb und rund 28 Jahre davon in Rapperswil. Unser Depot wurde seit Jahren stetig von Abbau und Verlusten wichtiger Abwechslung in geographischer Fahrleistung und Vielfalt an Fahrzeugen gebeutelt.
Wir besitzen das Verständnis, dass in der Gegenwart der Zeit mit KI ein Einsatzkonzept ausgearbeitet wird. Aber es stösst an jedes Verständnis, dass der bestehende Fahr-Rayon nicht berücksichtig wird. Abwechslung ist ein sehr sehr wichtiger Faktor. Wichtig in Bezug auf die innere Zufriedenheit und ebenso wichtig für die viel umschriebene Sicherheit. Seit Jahrzehnten kämpfen die Verbände & APK für mehr Abwechslung. Vor allem, wenn es in einer Tour in Zürich durch eingeteilte Pausen sowieso zu einem Unterbruch der eingeteilten Fahrleistung kommt.
Die zuständige Führungsetage des Einsatzkonzeptes 2.0 ignoriert alle wichtigen Parameter. Seit Jahren wird verwiesen, dass Monotonie zwangsmässig zu unkonzentrierter Arbeitsweise führt. Auch wird in Zukunft bei leichtem Unwohlsein oder schlaflosen Nächten durch kreisende Gedanken etc. viel häufiger zu Kurzabsenzen kommen und für die Einsatzplanung sinkt die zukünftige Einsatzfähigkeit signifikant. (Zum Beispiel bei Baustellarbeiten und Streckenunterbrüchen können wir in Zukunft nicht auf anderen Linien eingesetzt werden)
Weiter entsteht so eine grosse Ungleichbehandlung unter den Standorten. Das Interesse am Standort Rapperswil eine Ausbildung zu starten oder später einen Arbeitsortwechsel nach Rapperswil (oder in ein anderes Nebendepot) zu vollziehen, wird sich auf den Nullpunkt hinbewegen. So wird sich an vielen Standorten einen stetigen Unterbestand einstellen. Das bedeutet stetige Ausbildungskosten, viel Taxifahrten der Zürcher-Reserve für das Abdecken der offenen Früh- und Spätschicht Touren. Die Fluktuation wird sich um ein Vielfaches erhöhen. Wer kann wird sich beruflich nach Zürich orientieren oder kündigen.
Ich erwarte eine umgehende Handlung zum alten Fahrrayon und falls der Fernverkehr definitiv wegfällt, einen neuen Einsatzplan auf das gesamte Gebiet der Zürcher S-Bahn. Ich wage es zu behaupten, dass jene Prozente an Produktivitätssteigerung locker auch unter diesen Parameter erbracht werden können. (Zu 99% hat man dies bewusst gar nie versucht oder wenn doch, dann hätte ich gerne diesen Nachweis gesehen)
Ich bedanke mich für das ernsthafte Befassen dieser ausserordentlichen Situation und dem Einleiten der oben erwähnten wichtigen Schritte bei ZFR.
Mit freundlichem Gruss
Arthur Lehmann, Lokführer Rapperswil
Nr. 21 / 17.10.2025
Nach dem Durchlesen des neuesten Newsletter 857 und des gestrigen 'Faktencheck' in den SBB News, ist es denke ich an der Zeit, dass die Verbände die Zügel anziehen. Diplomatie in allen Ehren, aber dafür scheint man bei der SBB nur ein müdes Lächeln übrig zu haben. Unglaublich, wie viele Falschaussagen, um nicht zu sagen Lügen, gemacht werden. Man setzt auf Verzögerungstaktik und hält das Personal zum Narren.
Raffael Bearth, Lokführer Chur
Nr. 22 / 17.10.2025
Führungsversagen
Wer führt eigentlich die Führungskräfte?
Führungskräfte sind dazu da, das übergeordnete Wohl einer Organisation aufrecht zu erhalten. In sage und schreibe sieben Hierarchiestufen führt bei der SBB eine Führungskraft die nächste und diese dann wieder die nächste, bis man an nach einer langen Treppe endlich ganz unten ankommt, wo die eigentliche Arbeit verrichtet wird.
Dieser ganze Zirkus müsste mit hoher Präzision dazu führen, dass die ausführenden Arbeitskräfte optimale Bedingungen vorfinden, um ihre Arbeit sicher, wirtschaftlich, motiviert, umsichtig und nachhaltig ausführen können.
Doch das Gegenteil ist der Fall: Das neue Einsatzkonzept torpediert jeden einzelnen dieser Punkte mit der Präzision einer Lenkwaffe und zerstört in nur einem Fahrplanwechsel alles, was mühsam über Jahre aufgebaut wurde.
Wo sind jetzt die Führungskräte, die ja angeblich so viel Verantwortung tragen sollen, die hinstehen und "Halt! Stopp!" sagen? Ein klares "Nein" von oben zu diesem Zerstörungswerk?
Sie sind nicht sichtbar. Sie sind nicht wahrnehmbar. Sind sie überhaupt da?
Dieses Führungsversagen macht einfach nur sprachlos und zeigt, dass "Führung" oft nicht mehr ist als viel Lohn zu kassieren für inhaltsleeres Blabla oder sogar vornehmes Schweigen. Da wird viel Geld aus dem Fenster geworfen, das ohne Weiteres eingespart werden könnte.
Markus Leutwyler, Lokführer Depot Zug
Nr. 23 / 17.10.2025
Liebe Lokführer:innen
Als Disponent kann es mir theoretisch egal sein: ich muss im laufenden Dienst einfach mit den Ressourcen arbeiten, die ich bekomme. Zumal die wertvollen und teuer erarbeiteten Kundigkeiten ja offiziell erst nach 3 bzw. 5 Jahren verloren gehen.
Es gibt da aber etwas, das sich nicht in Franken oder Prozentpunkten messen lässt, und das ist die Kooperationsbereitschaft. Ich sehe diese stark gefährdet. Mein Job ist es, im Abweichungsfall und ungeplanten Betrieb Lösungen zu finden. Fragen wie "könntest du bitte kurzfristig einspringen?", "wäre es ok, kürzer Pause zu machen...?" oder "machst du ausnahmsweise heute eine halbe Stunde länger?" sind mein tägliches Brot.
Es erfüllt mich mit Stolz, dass ein wahnsinnig grosser Teil von euch bei sowas immer mitmacht - gemeinsam finden wir Lösungen, ganz nach dem Motto: Wenn wir
sowieso schon am Arbeiten sind, dann können wir ja auch dafür sorgen, dass möglichst alle Leistungen gefahren werden. Das ist sehr schön, überhaupt nicht selbstverständlich - und bei solchen Entwicklungen leider akut in Frage gestellt.
Mit kollegialen Grüssen
Marco Gerber, Lenkung Lokpersonal
Nr. 24 / 18.10.2025
Human Factor
Ich freue mich sehr, bekannt geben zu dürfen, dass ich vor kurzem meinen Abschluss als Lokführer erfolgreich absolvieren konnte. Dieser Schritt markiert für mich den Beginn eines neuen, spannenden Kapitels in meinem Berufsleben.
Mein Weg hierher war von wertvollen Erfahrungen, aber auch von schwierigen Entscheidungen geprägt. Der Abgang von meinem vorherigen Arbeitsplatz fiel mir nicht leicht, war jedoch notwendig. Gründe dafür waren mangelnde Wertschätzung und Arbeitszeiten, die eine gesunde Work-Life-Balance kaum mehr zuliessen. In einem Umfeld, in dem Dienstpläne ausschliesslich durch Computerprogramme erstellt werden, bleibt der Faktor Mensch leider oft auf der Strecke.
Natürlich ist mir bewusst, dass moderne Unternehmen nach Effizienz und Produktivität streben. Das ist nachvollziehbar und wichtig, um im heutigen Umfeld bestehen zu können. Ich habe dafür volles Verständnis und bin auch offen für neue Wege und technische Entwicklungen. Dennoch sollte es möglich bleiben, den menschlichen Aspekt nicht aus den Augen zu verlieren.
Gerade im Lokführerdienst, wo Verantwortung, Aufmerksamkeit und Sicherheit an erster Stelle stehen, ist es essenziell, dass Mitarbeitende ausreichend Pausen und faire Arbeitsbedingungen haben, u.a. gehört hier auch die eine abwechslungsreiche Tourevielfalt dazu. Nur so können Motivation, Konzentration und Dienstfähigkeit langfristig gewährleistet werden.
Eine maximale Arbeitsauslastung mag kurzfristig effizient wirken, kann jedoch langfristig Sicherheitsrisiken und Belastungen für das Personal mit sich bringen. Eine Form von Belastung stellt auch Monotonie im Dienstplan dar. Deshalb wünsche ich mir, dass der Dialog zwischen Mensch und System gesucht wird, damit wir gemeinsam Lösungen finden, die sowohl betriebliche Effizienz als auch menschliche Nachhaltigkeit vereinen.
Fazit:
Wir können einen Kompromiss finden, indem Dienstpläne zwar digital erstellt aber anschliessend durch Gespräche und Verhandlungen angepasst werden. So kann der Faktor Mensch aktiv mit einbezogen werden, denn am Ende sind es Menschen, die ein System bewegen, nicht Computer.
Wenn Dienstpläne oder Arbeitsprozesse diese Faktoren ignorieren, leidet langfristig nicht nur die Zufriedenheit, sondern auch die Sicherheit und Effizienz darunter.
Fraglich ist auch, welche Parameter bei der Erstellung der Dienstpläne überhaupt gesetzt wurden. Sind wirklich alle Dienste BAR-konform? Diese Regelungen wurden ja nicht zum Spass erlassen. Gesetze und Reglemente sind über Jahre hinweg durch verschiedene historische Entwicklungen geformt und angepasst worden. Mit dem Ziel, sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer zu schützen und klare Grenzen zu setzen. Sie sollen einen angemessenen, sicheren und moralisch vertretbaren Arbeitsplatz gewährleisten. Das ist die Grundlage für Zuverlässigkeit, Motivation, Loyalität und Engagement eines Lokführers oder einer Lokführerin.
Ich habe persönlich erlebt, wie der Fokus fast ausschliesslich auf Effizienzsteigerung und Produktivität gelegt wurde. Dabei wurden die Konsequenzen dieser Haltung, wie steigende Fluktuation, Unzufriedenheit und letztlich auch Mehrkosten für das Unternehmen ignoriert oder sogar weiter forciert.
Das führt unweigerlich zur Frage:
Wo möchte die SBB mit uns – den Menschen im System – eigentlich hingehen?
Artan, Lokführer Depot Romanshorn
Nr. 25 / 18.10.2025
Hallo Zusammen
ich gehöre zwar schon etwas zum „alten Eisen“ mit 34 Jahren Lokführer-Ausbildung 1992 in Depot Erstfeld, dann später im Jahr 1999 in Zürich infolge Trennung P und G und seit 2004 in Luzern.
Infolge der Trennung der Lokführenden in Cargo und Personenverkehr erlebte ich im Jahr 2002 leider etwas Ähnliches wie auch ältere Kollegen hier unter uns.
Nur waren damals die Arbeiten auch in allen Nebendepots noch sehr abwechslungsreich mit gemischten Touren. Somit war man auch sehr flexibel um alle Nebendepots auch weiterhin mit dem eigenen Privatauto abzulösen. Es machte wirklich Spass jeden Tag eine andere Strecke zu befahren. Man war somit auch motiviert und konzentrierte sich auf die Arbeit und stand halt auch oft eine Stunde früher auf um den weiteren Arbeitsweg vom Wohnort in Kauf zu nehmen. Die Km wurden auch entsprechend vergütet.
Auch wenn das langfristig auch gesundheitlich bei unregelmässigen Dienst Folgen haben könnte. Gut möglich das man dann im höheren Alter nicht mehr gleich gut schläft oder mit Übergewicht kämpft mangels zu wenig körperlicher Bewegung, wir sind ja gerade dazu täglich gefesselt an den Lokführersitz… Nur so nebenbei erwähnt, wenn man schon länger dabei ist.
Das wird jeder Arzt bezeugen bei unseren strengen Diensten. Man ist halt auch mal müde, wenn man dann 6 oder 7 Tage Frühdienste „klopfte“. Aber man hat sich gerne dem Unternehmen auch „aufgeopfert“ auch mal an weniger angenehmen Tagen zu arbeiten was für das persönliche Umfeld oft verzichten hiess ( ihr wisst schon was ich meine)… Dafür konnte auch ein anderer Kollege frei bekommen, wenn es wichtig war. Man merkte bald dass es auch von den Einteilern geschätzt wurde und auch frei bekam wenn es dann dringend war… .
Also ein Geben und Nehmen!!! Das hat eigentlich immer gut funktioniert und ist so wichtig für unsere Berufsgruppe!
Nun muss man mit grosser, grosser Besorgnis wahrnehmen, dass hier etwas empfindlich gestört wird. Ist den betroffenen Vorgesetzten bewusst, was sie hier gerade anrichten? Vielleicht kommt dann auch wieder mal eine Zeit, wo es zu wenig Lokführende hat!? - Es stimmt mich gerade sehr, sehr nachdenklich wie schnell und schon (fast) mit Taktik uns in so kurzer Zeit vor Fahrplanwechsel 2025/26 in den Rücken gestossen wird. Einfach unfassbar wie in so kurzer Zeit eine Abteilung so viel Geschirr zerschlagen kann und eine sensible, anspruchsvolle Berufsgruppe herabwürdigen kann.
Es tut mir jetzt schon Leid für die betroffenen Kollegen, ich kann da mitfühlen was gerade abgeht und die Frust gerade gross ist für solche strengen Dienste ohne jegliche Abwechslung mehr !
Die Geschichte wiederholt sich leider, hatten wir ja bereits auch schon früher in anderen Depots. Ich erinnere mich gerade an Depot Zug. Wo die älteren Lokführer die Tage abzählten bis zur Pension und sie an Instruktionstagen mit SAT 1,2 und 3 Kursen psychologisch versuchte zu trösten und wieder zu motivieren. Ihr könnt mir glauben ich war damals als „Zürcher-Lokführer“ mit den Zuger Kollegen an so einem Instruktionstag dabei und es ging nur noch mit „schwarzem“ Humor. Sonst wäre es ein ganz trauriger Tag und viel negativer Energie bis zur Wut geworden.
Es kann also alle treffen nicht nur die gerade betroffenen Depots.
Die Verantwortlichen hierfür haben das Zauberwort „ WERTSCHÄTZUNG“ einfach aus ihrem Vokabular gestrichen. So ganz unter dem Motto OPERATION GELUNGEN, PATIENT GESTORBEN.
Als " ENTSCHULDIGUNG " bekommt man eine ganz einfache Antwort, das Zauberwort heisst "SPAREN". Zum Thema „SPAREN“ könnte man hier jetzt noch viel mehr schreiben, aber das würde wohl den Rahmen sprengen. Ihr wisst es ja alle selber auch was das heisst. Es braucht Opfer von „ALLEN“ damit etwas Erfolgreiches entstehen kann. Aber mit dieser Politik sehe ich eher das Gegenteil.
Mit kollegialen Gruss
Beat Barmettler, Lokführer Depot Luzern
Nr. 26 / 18.10.2025
Dieser neuerliche Tiefpunkt dient dem Lokpersonal als Aufhänger für Jahre an aufgestautem Frust über die Geringschätzung des Lokpersonals durch die Konzernoberen.
Man lässt ein Optimierungsprogramm laufen und übernimmt unkritisch dessen Output. Dann verschweigt man dem Lokpersonal bewusst über Monate, was man vorhat, weil man wohl weiss, dass es einen Backlash geben wird. Dann stellt man uns vor vollendete Tatsachen. Auf unseren Protest wird erst nach über zwei Wochen reagiert, weil das grösste EVU der Schweiz offenbar handlungsunfähig ist, wenn der Chef in den Herbstferien weilt. Dann erzählt man der Presse ohne mit der Wimper zu zucken einen Haufen Dinge, die aus meiner Sicht nicht stimmen. Intern verbreitet man Selbiges mit einem "Faktencheck" den ich unumwunden als Desinformation bezeichne.
Es folgt nun klassische Hinhaltetaktik, man sucht erstmal das Gespräch, es eilt aber nicht und am Einsatzkonzept kann sowieso nicht gerüttelt werden. Diesen Gesprächstermin können sich Raoul [Präsident VSLF] und Rahel [Vorstand VSLF] meiner Meinung nach getrost schenken.
Die erzielten Einsparungen sind angeblich lächerlich gering, bei einem Spar soll für PP von 800 Mio. spart das Einsatzkonzept 2.0 gerade einmal 13.5 Mio., also knapp über 1.5%. Dafür werden die mit ZWALP gemachten Versprechungen und Investitionen und jährlich wiederkehrende Gewinne einfach über Bord geworfen. Von der Führung ZFR gibt es nach meiner Kenntnis null Gegenwehr, nichts als "Hier, verstanden!".
Hier geht gerade nicht weniger als der letzte Rest Vertrauen in die SBB-Unternehmensführung flöten. Was nützt uns ein mit der Friedenspflicht teuer erkauftes Mitspracherecht, wenn das Lokpersonal selbst den Kündigungsschutz aus wirtschaftlichen Gründen infolge laufenden Bedarfs von Lokführer nicht benötigt und der Arbeitgeber sogar das Lohnniveau selbst bestimmen kann? Derartige Papiertiger füttert man natürlich besonders gerne.
Ich meine es ist an der Zeit, den goldenen Käfig namens GAV ernsthaft zu hinterfragen. Der goldene Lack löst sich langsam ab, darunter werden dicke Stahlstäbe sichtbar…
Simon Steinmann, Lf Depot Zürich
Nr. 27 / 18.10.2025
Als Konsequenz der Kooperation mit der SOB wurden viele Depots im Osten in den letzten Jahren bereits auf ein Minimum herabgestuft, so dass es kaum mehr möglich schien, uns noch mehr wegzunehmen. Nun wird per Fahrplanwechsel das Depot Chur zwar auf dem ICN geschult, dies ist jedoch der Fahrzeugeinsatzplanung geschuldet und hat nichts mit dem Einsatzkonzept ZFR 2.0 zu tun.
Es ist erstaunlich, wie die Verantwortlichen versuchen, mit völlig aus dem Zusammenhang gerissenem, Verschlechterungen gut darzustellen. Es werden auch bereits Touren von Ziegelbrücke in andere Depots verschoben - so auch nach Chur - da das Optimierungsprogramm Phoenix ohne Rücksicht auf die jeweilige Personalsituation 7 Touren mehr als bis anhin gezeichnet hat. Dies löst natürlich lange Dienstfahren aus, so sind in Chur in gerade mal 12 Diensten täglich über 5 Stunden Dienstfahrten geplant. Ist dies der angestrebte Produktivitätsgewinn?
Ansonsten ist ZFR 2.0 auch in Chur gut spürbar, so sind nebst den IC3-Leistungen sehr viele S8 eingeteilt, welche von der befahrenen Strecke her keine Abwechslung bietet. Andere Linien wiederum sind ganz verschwunden oder nur noch sehr selten eingeteilt. Die vielen kompakten Tourenteile zwischen 4 und 4,5 Stunden werden einen WC-Besuch, ohne daraus resultierender Verspätung, kaum mehr möglich machen. Doch dies scheint die Verantwortlichen bekannterweise nicht zu interessieren, da das Lokpersonal den Betrieb schlussendlich trotz aller Kritik aufrechterhält.
Vielleicht wäre da mal eine Änderung der Einstellung unsererseits zu überlegen. Auch sollte sich jeder Gedanken machen, ob er mit seiner Präsenz auf der Autoliste, dem Verzicht auf Freizeit, Verkürzung von Pausen etc. dem Unternehmen weiterhin seine fast uneingeschränkte Flexibilität zur Verfügung stellen möchte.
Bemerkenswert erscheint die Führungsschwäche bei ZFR. Bereits bei der Vergabe von Kooperationsleistungen per Fahrplanwechsel 2024 wurden von SBB-MP ohne Absprache mit SBB-PP-BP-ZFR und ohne Rücksicht auf vorhandene Depotstrukturen Leistungen an die SOB vergeben, ZFR gab sich damals "überrascht". Nun setzt mit SBB-PP-BP-PLA wiederum eine andere Abteilung zu Lasten von ZFR ihre eigenen unternehmerischen Ziele um und ZFR wehrt sich wieder nicht. Dies zeigt, welch grosse Wertschätzung ZFR für das Lokpersonal übrighat. Im Osten bekommt man vom Produktionsleiter immer wieder zu hören, dass man zufrieden sein solle, dass der Lohn pünktlich bezahlt wird.
Schade, dass es bei ZFR niemanden interessiert, wie zufrieden das Personal ist. Man darf gespannt sein, wie die PEMO-Resultate ausfallen werden. Leider werden wohl auch diesmal keine Konsequenzen gezogen werden.
Der Schaden scheint angerichtet, das Vertrauen des Lokpersonals massiv geschädigt, egal ob und wie man nun versucht, diesen gering zu halten. Zurzeit werden die BAR neu verhandelt und seitens SBB wird immer hervorgehoben, welche Vorteile diese für das Personal mit sich bringen. Sollten die Verhandlungen jedoch nicht tatsächlich deutliche Verbesserungen für das Personal mit sich bringen, dürfen die neue BAR nicht angenommen werden.
Wir denken, dass nun ein ganz klares Zeichen seitens der Verbände erforderlich ist. Dieses muss über einen offenen Brief an Reto Liechti - welcher den Nagel sicherlich auf den Kopf trifft - hinausgehen. Denn ein Umdenken ist davon nicht zu erwarten. Die Tendenz von immer noch höheren Produktivitätszielen, zunehmender Monotonie und der Zerstörung unseres Berufes wird sich mehr und mehr fortsetzen. Gewisse Depots sind noch nicht so stark vom neuen Einteilungskonzept betroffen wie andere, dennoch werden auch diese Depots in Zukunft das neue Einteilungskonzept zu spüren bekommen. Deswegen ist nun von Allen Solidarität mit den stark betroffenen Standorten gefragt.
Fabian Kessler, Raffael Bearth, Lokführer Chur
Nr. 28 / 19.10.2025
Ich bin fassungslos über die Auswirkungen des neuen Einteilungskonzepts ZFR 2.0. Wir mussten bereits viele Verschlechterungen bezüglich der Kooperation mit der SOB, welche für uns im Osten nur Nachteile mit sich brachte, über uns ergehen lassen und nun kommt der nächste Paukenschlag, der einer Faust ins Gesicht gleichkommt. Man kann die Wertschätzung für das (Lok-)Personal auch gleich mit Füssen treten.
Für mich ist es absolut unverständlich, wie der Standort Sargans die Strecke W-RH und Chur und Sargans das Furttal ZOER-WE verlieren, beides Umleitungsstrecken. Hier werden Zugsausfälle aufgrund von nicht mehr vorhandenen Kundigkeiten klar in Kauf genommen. Anscheinend weiss bei der SBB die linke Hand nicht mehr, was die rechte tut (One SBB lässt grüssen). Anders kann ich mir den ganzen Schlamassel nicht erklären. Schade, denn mit ZWALP und Avanti wollte man eigentlich in eine völlig andere Richtung einschlagen.
Ich muss ganz ehrlich sagen, meine Motivation für die SBB ist auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt. Etwas, das in all den 16 Jahren so noch nie der Fall war. Für mich ist klar, dass hier die Verbände klar in der Pflicht stehen, diese Frechheit seitens der SBB abzuwehren. Ich werde nächste Woche eine Mail an an die Verantwortlichen verschicken und meine persönlichen Konsequenzen daraus ziehen, sprich, keine Einsätze mehr in Ziegelbrücke (Streichung von der Autoliste) und ich für RE Anfragen nicht mehr zur Verfügung stehe. Es ist mir bewusst, dass die Kolleginnen und Kollegen der Einteilung nichts dafür können, aber es muss einfach spürbare Konsequenzen haben. Genug ist genug! Alles andere bringt nichts, auch der offene Brief an Reto Liechti wird hier leider nichts ändern. Ich kann nur jedem empfehlen, seine persönlichen Konsequenzen daraus ziehen. Gemeinsam können wir so viel mehr erreichen als mit Briefen schreiben.
Dass uns mitgeteilt wird, wer Abwechslung will, kann sich ja für Einsätze in Ziegelbrücke melden, ist einfach nur noch blanker Hohn.
Vielen Dank an unsere APK-Vertreter für euren super Einsatz in dieser schwierigen Zeit und alles, was ihr in den vergangenen Jahren für uns gemacht habt! Dafür gebührt euch ein herzliches Dankeschön.
Thomas Freimüller, Lokführer Depot Chur
Nr. 29 / 19.10.2025
Ich empfinde es als grosse Demütigung, was sich die Jahresplaner gegenüber dem Lokpersonal leisten. Auch die Geheimnistuerei erst jetzt kurz vor Fahrplanwechsel die Einteilung 2026 zu präsentieren ist einem Grossunternehmen unwürdig.
Ich ahnte schlimmes und so ist es leider gekommen! Uns wurde durch die Leitung ZFR versprochen mehr Abwechslung auf Strecken und Fahrzeugen. Genau das Gegenteil haben wir jetzt. Beim Lokpersonal liegt so viel Potential was nicht voll genutzt wird. All die Bemühungen der letzten Jahre durch die Verbände löst sich in Luft auf und sind umsonst. Ich kann jedes Jahr Strecken meiner Kundigkeit streichen.
Das Depot Altstetten wurde damals als reines S–Bahn Depot gegründet mit fadenscheiniger Begründung, heute Fahren sie alles. Diese Aufschulung war aber mit hohen Kosten verbunden. Besser wäre schon in der Ausbildung alles zu instruieren! Der ehemaliger ZF Leiter sagte damals: Wir Fahren alles…!
Ich dachte die SBB lernt aus der Vergangenheit und aus den vielen teuren Flopprojekten beim Lokpersonal wie z.B. Studentenlokführer mit 2 Fahrzeugen und 2 Strecken? Wir müssen jetzt sparen aber gleichzeitig die Kaderstellen weiter ausbauen – das passt nicht zusammen.
Wenn ein Depot nur noch Fahrleistungen macht, hat ein anderes Depot mehr Leerfahrten. Die Arbeiten sollten auf die Depots gleichmässig verteilt werden, auch Rangierleistungen gehören zu unserem Job. Linienreine Touren hatten wir schon mal und wurde zum Glück korrigiert. Wir Lokführer wollen das nicht, basta. Nach der Pause unbedingt eine andere Strecke und Linie einteilen.
Warum verlassen heute jüngere Kollegen/innen bereits nach kurzer Zeit die Bahn wieder? Der Umgang mit dem Personal ist miserabel. Ich hoffe die SBB korrigiert ihre Absichten schnell wieder, um die Zufriedenheit zu steigern. Ich bin sehr enttäuscht. Zitat Aschi Leuenberger, ehem. Gewerkschafter und Nationalrat († 30. Juni 2009): Der Lokführerberuf wurde mutwillig zerstört……..!
Ein Lokführer
Nr. 30 / 20.10.2025
Hallo zusammen,
ich bin aktuell in der Ausbildung zum Lokführer in der Region Ost – und ja, ich komme aus der Bahnwelt, habe im operativen Bereich angefangen. Ich weiss also ziemlich genau, wie die SBB funktioniert. Und trotzdem bin ich ehrlich gesagt sprachlos, wie weit die Realität vom schönen Bild auf dem Papier entfernt ist. - Selbst in der Privatwirtschaft, in welcher ich meine Lehre gemacht habe, wäre an sowas nicht im entferntesten zu denken.
Schon bei meiner ersten Fahrt im Führerstand – der „Blüemlifahrt“ – wurde mir klar, wie eng getaktet hier alles ist. Ich hätte den Zug fast verpasst, weil ich dachte, nach dem Briefing gäbe es noch eine Wegzeit. Nicht aber beim Lokpersonal. Beim Lokpersonal zählt jede Minute, jede Sekunde, und wehe, man liegt mal daneben. Alles muss perfekt getaktet sein.
Unsere Einteilung zeigt schon jetzt, was auf uns zukommt: Von fünf Arbeitstagen sind wir im Schnitt drei- bis viermal auf derselben Strecke – S(1)5 oder S6, Tag für Tag dieselben Abschnitte, dieselben Abläufe, dieselbe Eintönigkeit. Abwechslung? Fehlanzeige. Lokführende der Traversogruppe können mit uns LfAs schon ein Lied singen. Das ist kein verantwortungsvoller Beruf mehr, das grenzt schon fast an stupides Durchrödeln im Minutentakt.
Und dann liest man, die SBB freue sich über “volle LfA-Klassen”. Schön wär’s. Die Realität sieht ganz anders aus. In unserer Klasse denken mehrere über einen Abbruch nach, und was man aus anderen Klassen hört, klingt nicht besser. Warum wohl? Weil einfach durchgezogen wird, was auf dem Papier gut aussieht – egal, ob es in der Praxis funktioniert oder nicht.
Wir hören ständig denselben Satz: “Wir rechnen nicht mit Verspätungen.” Natürlich nicht. Weil diejenigen, die das planen, nie vier oder fünf Stunden im Führerstand verbringen mussten, ohne Toilette, ohne Pause, ohne Möglichkeit, mal kurz aufzustehen oder Wasser aufzufüllen. Und wenn man dann Tag für Tag dieselbe Linie fährt, kommt irgendwann der Tunnelblick – und mit ihm die Fehler, die eigentlich niemanden überraschen sollten.
Es ist einfach traurig, dass auf das eigene Personal so wenig gehört wird. Auf Menschen, die seit Jahren an der Front stehen, die wissen, wie es draussen wirklich läuft. Stattdessen wird etwas durchgedrückt, das zwar auf Folien gut aussieht, aber draussen auf der Strecke schlicht nicht funktioniert.
Mal sehen, wie viele von uns in 8 bis 12 Monaten wirklich bleiben – und wie viele den Vertrag unter diesen Bedingungen überhaupt unterschreiben.
Es grüsst
Ein LfA
Nr. 31 / 20.10.2025
Jetzt, wo die Touren in den Provinzdepots des Ostens bekannt sind, wird uns knallhart vor Augen geführt, welche Folgen das neue Einteilungskonzept für uns Lf hat. Für mich als Lf in Schaffhausen bedeutet das alles ein ernüchternder Rückschritt und frustriert mich gewaltig. Das neue Konzept ist:
- gefährlich! In unserem Beruf ist lange konzentriertes Arbeiten Alltag, der Umgang mit Monotonie und repetitiven Abläufen zu allen Tages- und Nachtzeiten ist unsere individuelle Herausforderung. Die neuen computergenerierten Touren vergrössern diese Herausforderung - die immer gleichen Strecken ohne Abwechslung, in viereinhalb Stunden langen Blöcken, an allen Tagen und in allen Schichten. Die Wahrscheinlichkeit für Fehler nimmt zu und die Sicherheit leidet.
- unmenschlich! Einem Einteilungsprogramm sind menschlichen Faktoren egal. Darum ist es unerlässlich, dass Parameter definiert werden, wie eine Einteilung in einem sicherheitsrelevanten Schichtbetrieb mit Touren, den individuellen menschlichen Bedürfnissen gerecht wird. Dies wurde scheinbar komplett unterlassen. Grenzwerte werden in den meisten Diensten bis auf die Minute ausgerereizt. Zwei Beispiele: A) Nur 6 von 31 Diensten halten die BAR/AZG-Richtzeiten für Pausen ein, also zu definierten Zeiten, ungefähr in der Mitte der Schicht und mehr als 30 Minuten. B) AU’s werden willkürlich platziert, zB nach einer kurzen IBN, um danach einen 4,5h-Block zu ermöglichen, aber selten dort, wo Zeit für Erholung nötig wäre.
- unproduktiv! Am Standort Schaffhausen gibt es mehr Dienstfahrten von/nach Zürich oder Winterthur als im aktuellen Fahrplan. Es gibt deutlich mehr Dienstfahrten von und nach Singen als im aktuellen Fahrplan. In vielen Touren werden Inbetriebnahme, Aufstellen und Fahren (oder umgekehrt mit Remisierung) auf verschiedene Mitarbeiter aufgeteilt (zB 103, 109, 118, 129, 131, 134 und andere), was unnötige Übergabezeiten, Wegzeiten oder Lücken verursacht. Von Produktivitätssteigerung ist nichts zu sehen. Und wie die linientreuen Dienste produktiver sein sollen, ist mir schleierhaft. Es gibt in jedem Fall für jeden Zug eine Wegzeit, Inbetriebnahme, Lenkzeit, Übergabezeit und Abrüsten. Der Ort des Personalwechsels spielt dabei doch keine Rolle. Gerade das Beispiel der RE48-Leistungen macht doch deutlich, dass es bei der Leistungsverteilung nicht um Produktivität geht: Diese sind nur selten ab dem Standort Schaffhausen abgedeckt, obwohl die Züge in Schaffhausen eine dreimal längere Standzeit (und damit unproduktive Zeit) haben als in Zürich und damit von Schaffhausen aus günstiger zu produzieren wären (weil sie zB mit Pausen oder AB/AE verknüpft werden könnten).
- nicht robust! Viele lange Blöcke auf derselben Linie mit kurzen Arbeitsunterbrechungen dazwischen haben einen massiven Nachteil: bei Abweichungen durch Unregelmässigkeiten oder Verspätungen bricht die ganze Tour in sich zusammen. Klar, könnte im Störungsfall länger gearbeitet werden, aber für die Lenkung wird diese Tourengestaltung zum Problem. Beispiel: Fahrt von Singen nach Schaffhausen, 20min AU, Dienstfahrt nach Singen, Fahren nach Schaffhausen, 20min AU, Fahren nach Zürich. Eine solche Tour ohne Reservisten in Schaffhausen ist zum Scheitern verurteilt. Nächstes Beispiel: S24 nach Zürich, 20min AU, S24 nach Thayngen. Diese Tour gibt es bereits jetzt und sie muss fast täglich angepasst werden, nächstes Jahr kommt das mehrmals täglich in Touren so vor.
- kapitalvernichtend! Schaffhauser Lfs haben in den letzten zehn Jahren IF nach Wil, Koblenz, Aarau, Affoltern, Zug und über Embrach gemacht. Neue Lfs in Schaffhausen sind für die aktuellen Rayons Schaffhausen und Winterthur kundig. Alle in Schaffhausen sind Re 460-, die allermeisten HVZ- und Re 420-kundig. Praktisch alle diese Kundigkeiten und einige mehr fallen komplett weg. All diese Fähigkeiten auf einmal nicht mehr zu nutzen, ergibt einfach keinen Sinn. Fast 70 Lf werden auf 2 Strecken hin- und herfahren gelassen bis zum Gehtnichtmehr, obwohl sie flexibel im ganzen ZVV-Netz und auf diversen Fernverkehrsstrecken einsetzbar wären. Bemerkungen, dass die Kundigkeit ja erhalten bleibt und Versprechungen, dass es auch mal wieder anders kommen könnte, helfen überhaupt nicht weiter.
- schädlich! Die Ungerechtigkeit zwischen den verschiedenen Standorten nimmt zu. Ich denke, allen Lf in Schaffhausen ist klar, dass sie jeden Tag mal nach Zürich fahren müssen – rein geografisch ist das logisch. Aber die neuen Touren sind an Eintönigkeit kaum zu überbieten. Andere kleine Depots in der Ostschweiz haben dieselbe Problematik. Für die meisten ist die neue Einteilung ein Frust und die Unterschiede bei der Leistungsverteilung zwischen den Standorten sind inzwischen so gross, dass es einem gesunden Betriebsklima schaden könnte.
- eine Verschlechterung! Immer wieder höre ich aus den Kaderstellen, dass die Lf Mühe mit Veränderungen hätten und wenig Bereitschaft zeigten, diese anzunehmen. Leider verwechseln sie dabei oft die Wörter Veränderung mit Verschlechterung. Dieses neue Konzept ist eine Verschlechterung durch und durch, da kann ich noch so offen sein für Veränderungen. Aber so zu arbeiten für die nächsten 24 Jahre? Da bin ich mir seit ein paar Tagen leider nicht mehr so sicher.
Ich danke jetzt schon allen Berufskollegen, den APKs und den Verbänden für ihre Bemühungen, noch irgendetwas an dieser Situation zu ändern. Und ganz leise habe ich auch die Hoffnung, dass in den Regionen- und Produktionsleitungen von ZFR mal jemand für uns einsteht beim Bereich Planung und in der Geschäftsleitung.
Frendliche Grüsse, Manuel Bührer, Schaffhausen.
Nr. 32 / 20.10.2025
Gesendet an: Claudia Marti / CC an: Mario Squillacioti, Ardian Berisha, Srebrenko Vidic
Hallo Claudia
Wir haben uns während dem Abschlussessen der LF Klasse Rapperswil im Frühling 2024 kurz kennengelernt, daher wende ich mich mit meinem Anliegen direkt an dich. Ich wäre dir dankbar, wenn du meinen Input an die zuständigen Stellen weiterleiten könntest.
Durch das Einsatzkonzept ZFR 2.0 wird im Depot Rapperswil zukünftig die Strecken- und Fahrzeugvielfalt stark reduziert: die Leistungen beschränken sich praktisch nur noch auf die S5, S7, S8 und S15. Der Fernverkehr (Re460) fällt sogar komplett weg. Dadurch nimmt die Attraktivität unseres Standorts (bei vielen anderen Depots sieht es ähnlich aus) sowie die Jobperspektive als Lokführer markant ab - gerne möchte ich daher untenstehend meine Sichtweise auf die bevorstehende Änderung erläutern.
Kurz zu meinem Hintergrund, so dass du nachvollziehen kannst, aus welcher ganzheitlichen Perspektive ich das Einsatzkonzept ZFR 2.0 einordne: Nach meinem Betriebswirtschaftsstudium arbeitete ich rund 7 Jahre bei der Airline SWISS, wo ich unter anderem als Projektleiter innerhalb der Ground Operations für Prozessoptimierungen verantwortlich war. Entsprechend habe ich auch für sinnvolle Optimierungs-Massnahmen, bei denen man sämtliche beteiligte Bereiche aktiv involviert, Verständnis. Im Februar 2024 habe ich die Ausbildung zum Lokführer abgeschlossen, da mich diese Tätigkeit schon immer fasziniert hat.
Der Beruf Lokführer:in ist eine verantwortungsvolle und interessante Tätigkeit. Zudem nehme ich die SBB als sehr attraktive Arbeitgeberin war. Mir ist auch bewusst, dass unser Unternehmen für eine erfolgreiche Zukunft wirtschaftlich effizient aufgestellt sein muss und dadurch zwangsläufig gewisse Optimierungen notwendig sind. Auch bei unseren Touren können auf eine vernünftige Art und Weise Anpassungen vorgenommen werden, welche für alle Beteiligten verträglich sind. Was nun aber mit dem Einsatzkonzept ZFR 2.0 erzielt werden soll, kann ich nicht nachvollziehen und sehe am Ende nur Verlierer:
Unser gefahrenes Streckennetz wird stark gekürzt, was zu Monotonie führt, welche wiederum negative Folgen für die Job-Attraktivität hat. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Mitarbeiter-Fluktuation steigen wird. Vielleicht kann es stimmen, dass die Ausbildungsklassen voll sind, aber wenn die ausgebildeten Lokführer:innen nach wenigen Jahren eine neue Herausforderung innerhalb oder ausserhalb der SBB suchen, ist dieser Weg alles andere als wirtschaftlich nachhaltig.
Sinkende Strecken- und Fahrzeugkenntnisse nach einigen Jahren führt zu weniger Flexibilität bei der Einteilung (Dienstfahrten nehmen zu, vermehrt verspätete Züge oder sogar Zugsausfälle).
Durch die fehlende Abwechslung kann die Aufmerksamkeit abnehmen, was möglicherweise wiederum beispielsweise zu vermehrten Zwangsbremsungen führt und sich somit negativ auf die Sicherheit auswirkt.
Ich bezweifle, dass durch das Einsatzkonzept ZFR 2.0 die Produktivität und somit Wirtschaftlichkeit massiv gesteigert werden kann. Vielmehr werden die Flexibilität bei der Einteilung, die Motivation bei uns Lokführer:innen und ganz generell die Attraktivität des eigentlich so schönen Berufs im Führerstand stark darunter leiden. Mit wenigen Massnahmen - insbesondere was die Strecken-/Fahrzeugvielfalt und Tourengestaltung anbelangt - kann die Attraktivität, Flexibilität und Produktivität nachhaltig gesteigert werden. Lasst uns doch ganz im Sinne OneSBB das Einsatzkonzept ZFR 2.0 nochmals überdenken und möglichst sämtliche Bedürfnisse aller involvierten Abteilungen dazu abholen und berücksichtigen!
Ich freue mich, weiterhin als Lokführer auf möglichst vielen Strecken und Fahrzeuge täglich unsere Kunden sicher, pünktlich und wirtschaftlich von A nach B zu bringen.
Beste Grüsse
Michael, LF Depot Rapperswil
Nr. 33 / 21.10.2025
Grundsätzlich wurde bereits alles gesagt. Herzlichen Dank allen, die sich eingebracht haben.
Erlaubt mir eine kurze Zusammenfassung meiner Erkenntnisse:
- Wein predigen, Wasser trinken: In ZWALP bilden wir alle auf allem und jedem aus – die grosse Freiheit! Zurück im eigenen Depot wartet dann die Ernüchterung: deutlich weniger Strecken, deutlich weniger Fahrzeuge. Man könnte fast meinen, die Ausbildung sei ein optimistisches Versprechen gewesen, das die Realität nicht einzulösen gedenkt. Oder war es einfach nur Marketing?
- Monotonie als Sicherheitsrisiko – aber bitte mit System: Die linien- und fahrzeugtreuen Touren mögen verwaltungstechnisch charmant sein, steigern die Monotonie jedoch massiv – eine unterschätzte, aber wissenschaftlich belegte Gefahr. Wie lautete unser Mantra noch gleich? „Sicherheit kommt zuerst"? Faszinierend, wie flexibel Prioritäten werden, wenn Excel-Tabellen im Spiel sind.
- Kommunikation im Einbahnstrassenmodus: Entscheidungen werden über unsere Köpfe hinweg getroffen, echter Austausch findet nicht statt. Wir werden vor vollendete Tatsachen gestellt – Mitsprache offenbar ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Demokratie endet wohl an der Depotschwelle.
- Kompetenz trifft Hierarchie: Entscheidungen von enormer Tragweite werden von Personen getroffen, die den Lokführerberuf bestenfalls aus PowerPoint-Präsentationen kennen. Wie soll OneSBB gelingen, wenn eindimensionale Entscheidungen von Menschen ohne praktische Betriebserfahrung die Realität der Zahnräder prägen?
- Sparsamkeit als Feigenblatt: Ein Unternehmen, das vorgibt sparen zu wollen, erreicht mit diesen Massnahmen marginale Einsparungen im niedrigen Prozentbereich – während gleichzeitig ein aufgeblähter Apparat auf Kosten jener Menschen wächst, die an der Front täglich die eigentliche Arbeit leisten. Diese Rechnung kann nur in eine Richtung gehen: nach unten. Worum es wirklich geht? Um Macht. Die funktioniert allerdings nur, wenn genug Menschen Befehle widerstandslos ausführen, statt sie kritisch zu hinterfragen. Geschichte lehrt uns: Das endet selten gut.
Was nun? Wenn die Lokführer beginnen, sich von der freiwillige Autoliste zu streichen, keine RE [Arbeiten an Freitage] mehr zu bringen usw. wird es schnell unproduktiv und schwierig, dass alle Züge fahren. Goodwill ist nun mal keine Einbahnstrasse.
Auch für unsere Vorgesetzten CTF wird es nicht einfach. Die meisten waren und/oder sind selbst Lokführer und kennen die Realität im Führerstand, die Verantwortung, den Druck, die Monotonie. Ohne ihr Engagement für Verbesserungen, und zwar jetzt, wird hängen bleiben, dass sie sich nicht für ihre Untergebenen und Kollegen eingesetzt haben. Gute Miene zum bösen Spiel reicht nicht mehr. Wenn sich die CTF nicht für das Lokpersonal einsetzt, wird es einen grossen Graben geben, der nicht leicht zuzuschütten ist.
Ein Lokführer

Nr 34 / 21.10.2025
IG LF Zu(g)kunft
Warum es die IG LF Zu(g)kunft gibt:
Die IG LF Zu(g)kunft hat sich gegründet, weil uns die Zukunft des Lokpersonals – und damit die Zukunft des Bahnverkehrs – am Herzen liegt.
Ein zentraler Auslöser war die Verunsicherung rund um das neue Einsatzkonzept ZF 2.0.
Unsere Motivation ist: Wir lieben unseren Beruf, aber wir sehen, dass sich vieles verändert. Wir möchten, dass die Stimme derjenigen gehört wird, die täglich an der Front arbeiten, Verantwortung tragen und die Züge tatsächlich bewegen.
In nur wenigen Tagen haben sich über 100 Mitglieder unserer Interessengemeinschaft angeschlossen – ein deutliches Zeichen dafür, wie wichtig dieses Thema vielen Kolleginnen und Kollegen ist.
Wer wir sind:
Die IG LF Zu(g)kunft ist eine verbandsunabhängige Gruppe engagierter Lokführerinnen und Lokführer aus verschiedenen Standorten, Erfahrungsstufen und Altersgruppen, die sich zusammengeschlossen hat, um gemeinsam Lösungen zu suchen.
Die Kerngruppe besteht aktuell aus:
- Melissa Ziltener (Rapperswil)
- Marina Pichler (Rapperswil)
- Marian Schulz (Ziegelbrücke/Intervention Rw)
- Martin Fischer (Ziegelbrücke/Chur)
- Christoph Jud (Rapperswil)
Uns verbindet der Wunsch nach einer offenen, konstruktiven und zukunftsgerichteten Diskussion über unseren Beruf und dessen Entwicklung. Wir handeln unabhängig, respektvoll und sachlich – aber auch mit Herzblut.
Warum wir das machen:
Dabei geht es uns nicht um Konfrontation, sondern um Dialog.
Wir möchten zu einem offenen Austausch beitragen, Verständnis fördern und gemeinsam Wege finden, wie die Zukunft des Lokpersonals aktiv und fair gestaltet werden kann.
Unser offener Brief an Vincent Ducrot:
Im Rahmen dieser Haltung haben wir einen offenen Brief an SBB-CEO Vincent Ducrot verfasst.
Darin bringen wir unsere Gedanken, Beobachtungen und Anliegen zur aktuellen Situation und zur Zukunft des Lokpersonals zum Ausdruck.
Dieser offene Brief soll ein Anfang sein – ein Zeichen für Zusammenhalt, Engagement und eine Zu(g)kunft, die wir gemeinsam gestalten.
In kürze liegen in den Depots Unterschriftsbögen auf, bitte tragt euch dort ein. So können wir mit möglichst vielen Unterschriften zu einem allfälligen Treffen nach Bern reisen.
Interessierte Kolleginnen und Kollegen können sich bei Fragen oder für den Austausch über die IG LF Zu(g)kunft unter ig_lf_zugkunft(at)gmx.ch melden.
Willst Du regelmässig über unsere Aktivitäten informiert werden und sympathisierst mit uns, melde Dich bei der oben genannten Mail-Adresse an. Deine Daten werden vertraulich behandelt und mit Sicherheit nicht weitergegeben!
_________________________________
Offener Brief der IG LF Zu(g)kunft
20. Oktober 2025
Lokführerinnen und Lokführer der SBB an Herrn Vincent Ducrot
Sehr geehrter Herr Ducrot
Wir Lokführerinnen und Lokführer wenden uns direkt an Sie. Mit Blick auf den kommenden Fahrplanwechsel sorgt die geplante KI-gestützte Tourenplanung (Phönix) für Verunsicherung. Auf Grund dieser Verunsicherungen, wurde die IG LF Zu(g)kunft gegründet, um unabhängig der Verbände die Interessen der Lokführerinnen und Lokführer der SBB zu vertreten. Die Einführung des Einsatzkonzepts ZF 2.0 sowie die damit verbundene Kommunikation und die Tourenpläne, wurden sehr kurzfristig bekannt gegeben. Viele von uns empfanden dies nicht als Zeichen der Wertschätzung. Deswegen wenden wir uns direkt an Sie, Herr Ducrot: Wir möchten auf respektvolle und konstruktive Art Rückmeldung geben, Ihnen vermitteln, wie es dem betroffenen Lokpersonal geht, und gemeinsam nach tragfähigen Lösungen suchen.
Aus unserer Sicht fehlt ein sauberer Ist-Zustand. Viel Mehrarbeit wird von uns aus freien Stücken geleistet – weil wir alle das bestmögliche Ergebnis für die SBB und vor allem die Kundinnen und Kunden erreichen wollen. Diese Mehrarbeit ist nicht in den Standardprozessen dokumentiert und somit besteht keine vollständige, saubere Datengrundlage, auf welcher die KI eine repräsentative Berechnung erstellen kann. Damit wird die angestrebte Effizienzsteigerung langfristig infrage gestellt.
Aus den bisher bekannten Informationen und Planungsgrundlagen ist ein klarer Trend erkennbar:
- ZF 2.0 bremst uns aus: sehr viele gleichartige Touren, kurze Unterbrüche, wenig Abwechslung. Das senkt die Wachsamkeit und lässt Kenntnisse (Strecken, Fahrzeugtypen, ETCS) verkümmern.
- Ungleichbehandlung von Standorten: Aussendepots (z. B. Ziegelbrücke, Rapperswil, Schaffhausen) verlieren deutlich an Abwechslung und attraktiven Leistungen. Das erhöht Frust und Wechseldruck.
- Kompetenzverlust: Ohne Rotation rosten Strecken- und Fahrzeugkenntnisse ein; Prüfungen bleiben, gelebte Routine fehlt.
- Monotonie & Sicherheit: Wiederholte gleichartige Dienste mit knappen Pausen senken die Aufmerksamkeit und erhöhen das Fehlerrisiko.
- Attraktivität & Personal: Der Beruf verliert sichtbar an Attraktivität. Gleichzeitig wird auf Taktverdichtungen hingearbeitet, obwohl langfristig Personal fehlen wird. So sinken Einsatzbereitschaft, Zuverlässigkeit, Motivation und Zufriedenheit.
- Konzeptwiderspruch: Die von Ihnen genannte universelle Einsetzbarkeit der Lokführer:innen steht in klarem Widerspruch zu den geplanten Einschränkungen von Vielfalt, Rotation und Tauschmöglichkeiten.
In vielen Blogs und Foren haben sich Lokführerinnen und Lokführer geäussert, ihre Meinungen und Bedenken geteilt. Dabei ist eine spürbar destruktive Stimmung aufgekommen; es wird diskutiert, wie man der Einführung des Einsatzkonzepts 2.0 begegnen könnte. Wir als IG LF Zu(g)kunft möchten einem solchen Denken und Handeln ausdrücklich konstruktiv entgegenwirken.
Unser Ziel ist ein Einsatzkonzept, das sicher, fair und attraktiv ist – und Effizienz mit Können und Gesundheit verbindet. Wir üben unseren Beruf mit Stolz und Verantwortung aus. Die geplante Struktur gefährdet jedoch das, was ihn ausmacht: Vielfalt, Fachwissen und Freude an der Arbeit.
Wir alle wünschen uns, dass die heutige Vielfalt an Strecken und Fahrzeugen mindestens erhalten bleibt. Nur so bleiben Kenntnisse, Motivation und Leistungsfähigkeit stabil.
Wir bitten Sie daher, die Bedenken und Wünsche des Lokpersonals ernst zu nehmen und gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten – eine Lösung, die sowohl die betriebliche Effizienz als auch die Arbeitszufriedenheit sicherstellt. Wir würden uns sehr über ein respektvolles, wertschätzendes und konstruktives Gespräch mit Ihnen und einer Delegation unsererseits freuen.
Um unseren Anliegen zusätzlich Nachdruck zu verleihen- sammeln wir bis zu einem möglichen Treffen, mit Ihnen, in den Depots Unterschriften. Bereits drei Tage nach der Gründung der IG LF Zu(g)kunft haben sich über 100 Mitarbeiter angeschlossen- ohne jegliche Werbung.
Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung.
Freundlichen Grüsse
IG LF Zu(g)kunft
Im Namen des Kernteams
Martin Fischer
Nr. 35 / 22.10.2025
Schon vor 13 Jahren wurde mir das Depot Ziegelbrücke zu eintönig und ich wechselte via Brugg ins „Königsdepot“ Zürich; und dies schon kurze Zeit nach der Ausbildung. Denn mein Geist braucht Abwechslung, sei es mit Strecken oder mit Fahrzeugen.
Das neue Einsatzkonzept trifft uns in Zürich diesbezüglich nicht ganz so krass wie in den Aussendepots, dazu ist unser Rayon zu vorteilhaft. Jedoch werden auch wir zukünftig anstrengende 4 bis 4,5 Stündige Blöcke mit knappen AU dazwischen haben:
In einer 23-Minütigen „Pause“ reicht es ganz knapp zu einem Essen. Oder auch nicht. Bei mir ist es dann so, dass ich nach dem Essen manchmal etwas müde werde und mich gerne eine Viertelstunde auf einen Relaxsessel lege oder alternativ eine Runde an der frischen Luft spazieren gehe. Dies wird dann nicht mehr möglich sein. Oder was ist, wenn ich nach dem Essen noch etwas länger auf die Toilette muss? Soll ich der Lenkung mitteilen, dass sie für die nächste Leistung kurzfristig eine Reserve mobilisieren muss? Oder lieber am nächsten Wendebahnhof (z.B. Zürich Flughafen) eine Toilette aufsuchen?
Ich liebe meinen Beruf, und bis vor kurzem habe ich immer gesagt, dass ich wohl bis 67 arbeiten werde. Mittlerweile ist für mich jedoch klar, dass ich unter den gegebenen Umständen meine letzte PP mit 59 Jahren ablegen werde. Meine Gesundheit ist mir dann doch wichtiger als die SBB.
Ausserdem werde auch ich in meiner Freizeit kein Telefon mehr abnehmen und keine RE mehr anbieten. Schliesslich werde ich die regelmässigen Freitage mehr denn je brauchen. Schade.
Livio Kurmann, LF Zürich